Grußwort-Archiv
Gruß zum Palmsonntag am 13.04.2025
Gruß zum Sonntag Judika am 06.04.2025
Gruß zum Sonntag Lätare am 30.03.2025
Gruß zum Sonntag Okuli am 23.03.2025
Gruß zum Sonntag Reminiszere am 16.03.2025
Gruß zum Sonntag Invokavit am 09.03.2025
Gruß zum Sonntag vor der Passionszeit am 02.03. 2025
Gruß zum 2. Sonntag vor der Passionszeit am 23.02.2025
Gruß zum Sonntag Septuagesimae am 16.02.2025
Gruß zum 4. Sonntag vor der Passionszeit am 09.02.2025
Gruß zum 3. Sonntag nach Epiphanias am 26.01.2025
Gruß zum 2. Sonntag nach Epiphanias am 19.01.2025
Gruß zum 1. Sonntag nach Epiphanias am 12.01.2025
Gruß zum 2. Sonntag nach dem Christfest, 05.01.2025
Gruß zum 1. Sonntag nach dem Christfest am 29.12.2024
Gruß zum 4. Advent am 22. Dezember 2024
Gruß zum 3. Advent am 15. Dezember 20204
Gruß zum 2. Advent am 08.Dezember 2024
Gruß zum 1. Advent am 01.Dezember 2024
Gruß zum Palmsonntag am 13.04.2025
von Pastorin Parra
Jesaja 50,4-9:
Liebe Gemeinde,
heute feiern wir Palmsonntag. Feiern, wie Jesus nach Jerusalem einzieht, auf einem mickrigen Esel und dennoch von allen bejubelt: „Hosianna dem Sohn Davids. Gelobt sei der da kommt im Namen des Herrn!“ „Hosianna“, „hilf doch!“, so rufen sie und schwenken grüne Zweige, grün wie die Hoffnung.
Wird jetzt alles anders? Haben die Massen verstanden, dass Gott es ist, der sie rettet? Dass der Messias, auf den sie warten, nicht mit Macht kommt, sondern arm und auf einem Esel? Palmsonntag scheint alles möglich. Während aber die einen noch jubeln tuscheln andere schon hinter vorgehaltener Hand darüber, wie sie diesen unliebsamen König, der sich an keine Konvention hält und doch Macht über die Massen zu haben scheint, wohl loswerden könnten.
Wenige Tage noch, dann wird die Menge nicht mehr „Hosianna“, sondern „Kreuzige ihn“ rufen und Jesus lässt das an sich geschehen. Lässt sich gefangen nehmen, anspucken, verspotten, schlagen. Er verbirgt sein Angesicht nicht. Seht, welch ein Mensch!
Ist er der Gottesknecht, der im Buch Jesaja immer wieder seine Stimme erhebt und ausruft: „Ich bot meinen Rücken dar denen, die mich schlugen, und meine Wangen denen, die mich rauften. Mein Angesicht verbarg ich nicht vor Schmach und Speichel“ (Jes 50,6)?
Jesus geht den Weg, den sein Vater für ihn vorgesehen hat, bis zum Ende. „Wenn dich einer auf die linke Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin“, so hat er gelehrt und so lebt und stirbt er.
Der Gottesknecht lässt alles über sich ergehen, denn er weiß: Gott lässt ihn nicht zuschanden werden. So viel Schmach und Schande ihm auch angetan wird – es macht ihn nicht zuschanden, denn Gott ist nahe, der ihn gerecht spricht: „Gott der Herr hilft mir, wer will mich verdammen? “ (Jes 50,9)
Der Gottesknecht kann alles erdulden, weil er Gott an seiner Seite weiß. Er kann sogar die Strafe seiner Peiniger auf sich nehmen. Nichts trennt ihn von Gott.
Ist Jesus der Gottesknecht, der die schwere Last des Kreuzes für alle trägt – aus Liebe? Das ist eine Deutung, aber nicht die einzige.
Gerade in ihrer schillernden Mehrdeutigkeit haben die Gottesknechtlieder ihre Kraft. Für mich sind sie auch eine Vorwegnahme davon, wie wir Christen heute leben können: Wir können uns jeden Morgen wecken lassen, uns von Gott das Ohr öffnen lassen. Wir können schon am Morgen, an der Dämmerung Pforte, Gottes Nähe spüren. Gerade in schweren Zeiten haben Menschen sich von diesen Worten inspirieren lassen.
Der studierte Theologe Jochen Klepper wäre gern Pastor geworden, aber er litt unter Schlaflosigkeit und Kopfschmerz und hatte nicht genug Kraft dazu. Aber seine Sprache hatte Kraft. Das Lied „Er weckt mich alle Morgen“ (EG 452) ist inspiriert durch das Gottesknechtlied in Jes 50. Es entstand 1938, als Klepper mit seiner jüdisch stämmigen Ehefrau schon unter Repressalien der Nazis litt. Müde war er, krank und geächtet, aber nicht hoffnungslos.
Am 12. April schieb er in sein Tagebuch:
„Er weckt mich alle Morgen; er weckt mir das Ohr,
dass ich höre wie ein Jünger. Der Herr hat mir
das Ohr geöffnet; und ich bin nicht ungehorsam und
gehe nicht zurück. - Denn ich weiß, dass ich nicht zu
Schanden werde. Er ist nahe, der mich gerecht spricht. (Jesaja 50, 4.5.7.8.)“
Und weiter: „Weicher, glänzender Tag. Meine kleinen Osterbesorgungen für Mutter, Frau und Töchter. In unserem alten Garten in der Seestraße blühen die alten Kirschbäume so schön.Ich schrieb heute ein Morgenlied über Jesaja 50, die Worte, die mir den ganzen Tag nicht aus dem Ohr gegangen waren."
Wir können uns jeden Morgen von Gott wecken lassen, können hören wie Jünger hören. – Ein Schüler, ein Lernender, so fühlt sich, wer sich vom Wort Gottes wecken lässt. Es hat etwas Befreiendes, wenn ich mir als Lernende eingestehen kann, dass mir Gott immer voraus ist.
Wer diese Worte in sich wirken lässt, der oder die kann das Wort auch weitersagen wie der Gottesknecht: „Gott der Herr hat mir eine Zunge gegeben, dass ich wisse, mit den müden zur rechten Zeit zu reden.“ (Jes 50,4)
Eine Frau schrieb 1939 an Jochen Klepper: „Ihre Worte gehen so tief, so sehr ins schonungslose Leid, in Qual und Heimweh des Herzens, dass ich manchmal fragen muss, kann das alles wirklich ein Mann geschrieben haben? Bitte missverstehen Sie mich nicht! Nicht dass ich meine, ein Mann könne nicht so tief fühlen wie eine Frau. Nein, das andere: Kann ein Mann wirklich so zutiefst demütig sein und zugleich so frei? Das hilft so wunderbar.“
Er will, dass ich mich füge. Ich gehe nicht zurück.
Hab nur in Ihm Genüge, in Seinem Wort mein Glück.
Ich werde nicht zuschanden, wenn ich nur Ihn vernehm.
Gott löst mich aus den Banden. Gott macht mich Ihm genehm. (EG 452,3)
Die Karwoche liegt vor uns mit ihren Erinnerung an dunkle Tage zu allen Zeiten, an düstere Stunden für so viele Menschen heute. Wir können das aushalten, denn wir sind gehalten und getragen. Gott ist da in allem, was wir erleiden, ja sogar in der Gottesferne ist er durch Jesus Christus uns nah. Das dürfen wir uns selbst und allen Müden sagen. Das kann uns Kraft geben, uns einzusetzen gegen das Unrecht, das Menschen auch und gerade in dieser Zeit geschieht.
Und dann kommt der Ostermorgen, „…dass ich mit seinem Worte begrüß das neue Licht. Schon an der Dämmrung Pforte ist er mir nah und spricht…. Er spricht wie an dem Tage, da er die Welt erschuf.“ (EG 452,1-2) - Jeder Morgen eine kleine Auferstehung, wenn er mit Gott begonnen wird. Jeden Morgen Hoffnung, die nicht zuschanden wird. Besonders erleben wir das am nächsten Sonntag, wenn die Osterkerze noch an der Dämmerung Pforte in die dunkle Friedhofskapelle getragen wird und wir ihr Licht untereinander weitergeben. Gott kommt uns nah, wenn wir hören „Und Gott sprach: Es werde Licht und es ward Licht.“ An dem Morgen, an dem wir den Gott feiern, der lebendig macht.
Eine gesegnete Karwoche und dann ein hoffnungsfrohes Osterfest!
Ihre und Eure Pastorin
Ute Parra
P.S. Hier steht der Gruß zum Sonntag als PDF zum Download bereit!
Gruß zum Sonntag Judika am 06. April 2025
von Pastorin Pfeifer
Liebe Gemeinde,
In diesen Wochen erinnern wir uns in unseren Kirchen traditionell an den Leidensweg Jesu Christi. Die vielen Situationen, die er ertragen und erleiden musste , bis er schließlich am Kreuz hingerichtet wurde und gestorben ist.
Darum habe ich Ihnen heute hierher in die Kirche auch ein besonderes Kreuz mitgebracht und hier vorne für uns aufgerichtet.
Es steht auch für das Leid, dass Jesus damals erlebt und ertragen hat. Wir haben das vorhin im Psalm gehört. Jesus hat diesen Psalm, der Überlieferung nach auch während seines Leidens und Sterbens gebetet.
Und Gott sein ganzes Elend und Leid geklagt. Das Gefühl von Gott verlassen und im Stich gelassen worden zu sein. Aber dann auch bei ihm plötzlich mitten im Leid das tiefe Gefühl und Empfinden dennoch und trotzdem getragen zu sein. Die tiefe Erfahrung zu machen, dass Gott mitten im Leid ganz da und ganz nah ist – um ihn zu tragen und ihm zu helfen. Die klare Erkenntnis, die bis heute gilt, dass Gott uns im Leiden nah kommt und für uns da ist. Sogar dann , wenn wir Menschen das gar nicht merken und spüren.
In diesen Tagen und Wochen erleben , sehen und hören wir viel Leid , das uns bewegt und uns belastet und manche sogar regelrecht neiderdrückt . Vieles fühlt sich an wie schwere Steine, die uns beschweren, auf dem Magen liegen und niederdrücken.
Darum haben wir Ihnen am Eingang auch einen Stein gegeben. Bitte nehmen Sie den Stein jetzt einmal ganz bewusst in die Hand und spüren ihm nach. Ist er klein oder groß, fühlt er sich leicht oder eher schwer an ,Fühlt er sich kalt oder ist er schon handwarm geworden. Und wie ist seine Form, fühlt er sich glatt an oder rund .Oder hat er harte und spitze Ecken und Kanten.
Dieser Stein liegt uns in der Hand. Manches liegt uns aber auch wie ein Stein auf der Seele und auf dem Magen.
Die Opfer der Strophe in Südostasien. Das Leid der Menschen im Gazastreifen und die Sorge und Angst um die Geiseln der Hamas in Israel.
Die schlimmen Bilder vom Krieg und das unsägliche Leid der Menschen in der Ukraine. Aber auch der Soldaten , die von einem schlimmen Despoten in diesen Krieg geschickt worden sind. Tod und Zerstörung, Bombenangriffe und Menschen die flüchten. Männer, Väter und Söhne, Frauen und Kinder, die nicht wissen ,ob sie und wann sie ihre Lieben wiedersehen.
Und dann die Angst . Auch hier bei uns. Die Angst, dass der Krieg sich weiter ausweiten könnte. Das Eschrecken, darüber dass auch hier bei uns wieder Maßnahmen zum Zivilschutz und eine starke Aufrüstung zwingend notwendig erscheint, um wehrhaft zu sein, vor Angriffen wirkungsvoll abzuschrecken und die Bevölkerung , uns alle auch hier in Schleswig-Holstein so gut wie möglich zu schützen.
Ich hätte niemals gedacht, dass wir hier in Europa jemals wieder in so eine Situation kommen würden. Dazu ein Präsident in den USA ,der uns in seiner Unberechenbarkeit und mit seinen Entscheidungen das Fürchten lehrt. Und ein Widererstarken der Rechten in Deutschland und ganz Europa, die uns zeigt, dass unsere westlichen Demokratien gefährdet sind und gelebt und auch immer wieder verteidigt werden müssen.
Und dann sind da eben auch unsere ganz persönlichen Sorgen und Probleme. Menschen ,denen es schwer fällt mit sich selbst und ihrem Leben zurecht zu kommen oder auch mit den Menschen, die zu ihnen gehören und mit ihnen leben. Krankheiten oder auch Depressionen, die uns zu schaffen machen und niederdrücken. Aber auch die Sorge um Arbeit und Auskommen. Für manche die bange Frage, wie das in Zukunft für sie ganz persönlich und ihre Familien weitergeht.
Ich lade Sie und Dich ein diesem Stein nun noch einmal ganz bewusst nachzufühlen und ihm in Gedanken die ganz persönlichen Sorgen, das was Dich und was Sie belastet aufzulegen.
Lassen sie uns darauf für einen kurzen Moment unsere Aufmerksamkeit lenken. Und über die Frage nachdenken .Was belastet mich .Was ist für mich eine Last und liegt mir wie ein Stein auf der Seele.
Musik
Wir laden Sie nun ein ihre und deine persönliche Last mit dem Stein zu unserem Kreuz zu tragen und in das Kreuz zu legen. In dem Vertrauen , dass diese Last von Gott gesehen und mitgetragen wird.
Musik
Lasst uns beten
Gott, wir bringen vor dich alles, was uns belastet und was uns bedrückt. Und bitten dich, hilf uns auf. Hilf uns, unsere Last zu tragen. Hilf, wenn es möglich ist, dass unsere Last leichter wird Und wenn es sein kann, nimm diese Last von uns und erlöse uns. Gott wir bitten dich: Erbarme dich. Amen.
Liebe Gemeinde, das Kreuz hier vorne ist ein Hinweis auf Jesus Christus, auf die Last, die er getragen und die Not die er erlitten hat. Ein Symbol für das Leid und alle Last, die Menschen tragen. Und ein sichtbares Zeichen, dass Gott uns mit unserer Last nicht allein lässt.
Das Kreuz ist aber auch ein Symbol der Hoffnung auf neues Leben. Weil wir daran glauben dürfen, dass die Not und der Tod nicht das Letzte sind. Dass Gott uns aus aller Not und sogar aus dem Todwieder herausführt und uns neue Lebensmöglichkeiten eröffnet. So, wie ja auch Jesus Christus gelitten hat und gestorben ist,dann aber auch auferweckt wurde ,zu neuem, ganz anderen Leben in der Nähe und Liebe Gottes.
So ist das Kreuz auch für uns zum Symbol für neues, anderes Leben geworden. Für die Hoffnung auf neues Leben nach diesem Leben aber auch in diesem Leben und in dieser Welt. Dass es Sinn macht, auf Gott zu hoffen und darauf zu vertrauen, dass er uns hilft und wir dank seiner Hilfe auch immer wieder Hoffnung auf neue Perspektiven und Möglichkeiten zum Leben haben.
So, wie es auch hier bei uns immer wieder Erfahrungen neuen Lebens gab und gibt. .Damals , nach dem Ende des 2.Weltkriegs, nach Ausbombung , Flucht und Vertreibung und den Schrecken der Naziherrschaft. Wer hätte damals gedacht ,dass es dank des Einsatzes vieler und großer Kraftanstrengungen gelingen könnte, dieses Land so gut wieder aufzubauen und hier in Demokratie ,in Frieden und Freiheit und immer noch mit einem vergleichsweise hohen Maß an sozialer Absicherung zu leben. Oder das es gelingen könnte durch eine friedliche Revolution, ohne jegliches Blutvergießen die Mauer niederzureißen und die beiden Teile Deutschlands wieder zu vereinen und viel zu erreichen, auch wenn manches dabei offen und ungelöst blieb.
Und auch im persönlichen Bereich tut es uns gut , wenn wir uns die kleinen und größeren Wunder unseres Lebens bewusst machen , sie wahrnehmen und wert schätzen können. Um daraus dann auch Zuversicht und Kraft für unser Leben zu schöpfen.
Wenn es gelungen ist, sogar mit einer schweren Erkrankung zu leben und umzugehen und dann auch die schönen Momente und Augenblicke , Zeichen der Zuwendung und Freundschaft oder auch nur den Sonnenschein und den strahlend blauen Himmel der vergangenen Tage ganz bewusst zu genießen .
Oder wenn wir es geschafft haben , trotz eines schweren Verluste mit der Trauer und dem Schmerz zu leben und umzugehen und sogar langsam wieder Fuß zu fassen in einem neuen, ganz anderen Leben.
Wenn das Lachen eines Kindes oder auch eine kleine Melodie die Kraft hat, unsre Stimmung zu heben und den Tag ein wenig froher und heller zu machen. Wenn der Kinderchor mit seinem Gesang und schon das Erleben der Kinder uns einfach nur freut und wir auch dadurch dann das Gefühl haben, dass es gut ist und schön ist ,auf der Welt zu sein und das zu erleben.
Wenn das Wiedererwachen der Natur , das Sprießen der Blätter und das Blühen der Frühlingsblüher uns zeigt , dass das Leben immer noch wieder neu wird und wächst und manchmal sogar unter widrigsten Bedingungen wieder neu werden kann, wächst und entsteht und weitergeht.
Ich finde, wir tun wirklich gut daran, selbst die kleinsten Wunder an Leben wahrzunehmen und wertzuschätzen. Und darin dann vielleicht auch einen Hinweis auf Gott unseren Schöpfer, den Liebhaber allen Lebens zu sehen und zu entdecken .Unseren Gott, der es gut mit uns meint und ein gutes Leben will für uns alle. Und der nicht müde wird, uns immer wieder neue Perspektiven zum Leben zu eröffnen.
Sie haben vorhin am Eingang auch ein kleines Teelicht erhalten. Ich bitte Sie nun, dieses Teelicht noch einmal ganz bewusst in die Hand zu nehmen. Diese kleine Kerze ist noch nicht entzündet. Aber wir können sie gleich zum Leuchten bringen.
Wir laden Sie ein, jetzt einmal einen Moment darüber nachzudenken: Was ist für mich wie ein Hoffnungslicht. Was macht mir Mut und tut gut. Was hilft mir neue Hoffnung für die Zukunft zu haben.
Darüber lasst uns nun auch einen Moment nachdenken: Was gibt mir Hoffnung, was ist für mich wie ein Hoffnungslicht in dunkler Zeit?
Musik
Sie dürfen ihre kleine Kerze nun auch hierher vorne bringen , an der Kerze auf der Mensa entzünden und das Licht dann in das Kreuz hineinstellen zum Zeichen, für etwas, das Ihnen gut tut , Mut macht und Hoffnung gibt.
Musik
Lichter werden entzündet und ins Kreuz hineingestellt.
Lasst uns beten
Gott wir danken dir für alles Leben und alle Hoffnung, die du unter uns wirkst. Für die Hoffnung und Hilfe, die Menschen einander geben, für alles was gut tut und Mut macht und zum Leben hilft. Wir bitten dich: Lass uns immer wieder neue Hoffnung haben, damit wir neuen Mut und neue Kraft bekommen und getröstet sind. Amen
Ihr / Euer Pastor Lars Kroglowski
P.S. Hier steht der Gruß zum Sonntag als PDF zum Download bereit!
Gruß zum Sonntag Lätare am 30.03.2025
von Pastorin Lilienthal
Liebe Gemeinde,
Lätare – Freuet euch! An diesem Sonntag wird uns mitten in der Passionszeit so eine Botschaft zugerufen. Es ist eine Einladung zu großer Freude. Und das gerade in einer Zeit in der wir Leid, Verlust und Unsicherheit erfahren. Das ist erstaunlich. Sowohl zu diesem Zeitpunkt im Kirchenjahr als auch in unserer ganz konkreten und alltäglichen Lebenswirklichkeit. Das ist ein Widerspruch, der zuweilen befremdlich wirkt. Gerade vor diesem Hintergrund wird der heutige Sonntag auch das kleine Osterfest in der Passionszeit genannt. Ich stelle es mir bildlich vor. Lätare ist wie ein geöffnetes Fenster. Frische Luft kommt herein. Licht fällt ins Dunkel. Der eigene Blick geht hinaus. Unser Blick wird weit. Es ist ein Blick nach vorn auf das, was kommt. Eben wie ein kleines Osterfest auf dem Weg zum großen. Oder auch ein Vorgeschmack auf das Leben, das durch den Tod hindurchgeht und ihn überwindet.
Diese Vorfreude hat etwas Heilsames. Sie durchbricht den Schmerz, ohne ihn zu leugnen. Sie bringt Licht, ohne die Dunkelheit zu verdrängen. Der Gegensatz bleibt – und ist doch zusammengehörig. Beides darf nebeneinanderstehen. So werden wir an die Macht der Hoffnung erinnert. Gerade dann, wenn das Leben schwer ist. In diesem Sinne ist Lätare nicht nur ein Sonntag, an dem wir eine kurze Passionsverschnaufpause haben. Es ist vielmehr eine theologische Überzeugung: Mitten im Leid dürfen wir aufatmen, aufblicken, aufbrechen. Wir dürfen auf das schauen, was kommt.
Jesus sagt: Wer glaubt, der hat das ewige Leben. Das ist mehr als ein Versprechen für eine ferne Zukunft. Es ist eine Zusage für das Jetzt. Ewiges Leben beginnt heute. In unserem Denken, Fühlen, Handeln – in allem, was wir sind. Dort, wo Liebe geschieht, wo Vergebung möglich ist, wo Trost geteilt wird. Da beginnt das Leben mit Gott. Nicht irgendwann. Sondern jetzt.
Lätare ist ein Lichtblick. Ein kleiner Ostermorgen mitten auf dem Weg zum Kreuz. Eine Erinnerung daran, dass das Dunkel nicht das letzte Wort hat. Es ist der Sonntag der leisen Hoffnung. Der freundliche Zwischenruf auf dem schweren Weg. Der Zuspruch Gottes, der mitten im Ernst des Lebens ein „Dennoch“ spricht.
Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag Lätare – mit offenen Fenstern für das Licht und einem offenen Herzen für die Freude.
Ihre Pastorin Carolin Lilienthal
P.S. Hier steht der Gruß zum Sonntag als PDF zum Download bereit!
Gruß zum Sonntag Okuli am 23. März 2025
von Pastor Kroglowski
„Guck nach vorne“
Liebe Gemeinde,
„Pass auf, guck nach vorne!“ Die Stimme der Mutter überschlägt sich. „Guck nach v o r n e!“, ist jetzt auch die Stimme des Vaters eindringlich zu hören. Ein Scheppern, ein Aufschrei und ein Wimmern. Roller und Kind liegen am Boden. Wenige schnelle Schritte, der Vater steht neben dem Mädchen, streicht ihr mit der einen Hand über den Kopf und lehnt den Roller mit der anderen an den Baum. Er hockt sich zu ihr und nimmt sie in den Arm. „Glück gehabt, gerade noch so gestürzt, dass Du nicht auf der Straße gelandet bist,“ spricht er zu ihr — und sicherlich auch zu sich selbst. Die Mutter dazu. Ihr ist der Schreck ins Gesicht geschrieben. Der große Bruder steht sichtlich genervt daneben: „Wann lernst Du es endlich, Du musst geradeaus gucken und den Lenker gerade halten!“ Der Vater nimmt Roller und Tochter an die Hand. Eine Weile üben sie auf dem breiten Fußweg. Roller- oder Fahrrad zu fahren ist eine Lebenskunst. Es dauert, bis alle Bewegungen verinnerlicht sind und es sicher vorangeht.
Auf dem Weg zum Spielplatz muss eine Straße überquert werden. Immer wieder wird es gefährlich, wenn ein Auto zu schnell durch die verkehrsberuhigte Zone fährt oder ein Kind die eigenen Fähigkeiten auf Rädchen oder Roller überschätzt. „Guck nach vorne! Halt an! Achte auf die Straße!“ Solche Warnrufe sind oft am Überweg zu hören. Je nachdem, wie sicher die jungen Verkehrsteilnehmer sind, kommt es zum unfreiwilligen Abstieg, aufgeschrammten Knien und Tränen. Irgendwann aber hat jedes Kind es gelernt, wie wichtig es ist, anzuhalten und sich beim Abbiegen umzudrehen. Sonst gilt es, den Blick geradeaus zu richten, damit das Ziel sicher erreicht wird.
Jesus hat einmal gesagt: „Wer die Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes.“ Lukas 9,62
Was Jesus uns in einem Bild aus dem damaligen Alltag der Menschen erklärt, wird für mich deutlich, wenn ich Kinder beim Radfahren lernen beobachte. Es braucht Übung, damit man mit Blick nach vorne sicher Balance halten kann. Jesu Zeitgenossen wussten: Wer pflügt, muss die Augen geradeaus richten, damit die Furche keine Biegungen macht und das meiste aus dem Boden herausgeholt wird. Ein Verkanten des Holzpfluges hat schlimme Folgen: Viel zu leicht zerbricht das Werkzeug, das gebraucht wird, um den Boden zu bearbeiten, solange das Wetter hält. Wer die Hand an den Pflug legt, hat damit auch das Schicksal seiner Familie in den Händen. Schließlich hängt von der eigenen Genauigkeit und Geschicklichkeit ab, wie viel vom Acker rechtzeitig bestellt wird.
Jesus hat seinen Weg nach Jerusalem begonnen, als er dies sagt. Er ahnt den Ernst der Lage. Deshalb sammelt er Menschen um sich, die sich mit ihm darauf einlassen wollen. Mitläufer kann er nicht brauchen. Nur zielgerichtet kann die kurze Zeit, die bleibt, gut genutzt werden, um möglichst vielen vom Kommen des Reiches Gottes zu erzählen. Nur die sind geeignet, die ihr Leben ganz auf dieses Ziel ausgerichtet haben. Pass auf, guck nach vorne, wenn Du im Kalender versuchst, alle Termine unterzubringen. Guck nach vorne, wenn noch eine neue Aufgabe erledigt werden soll. Guck nach vorne, dann entscheide Dich! Es schmerzt, abzusagen, Erwartungen zu enttäuschen, Vertrautes hinter sich zu lassen. Bei allem, was nach Aufmerksamkeit ruft, ist es eine Kunst, das Gleichgewicht zu halten und ausgerichtet zu bleiben. Guck nach vorne: Ausgesprochen aus Sorge um mein Vorankommen an unser Ziel.
Einen guten Blick nach vorn für die kommende Woche wünscht
Ihr / Euer Pastor Lars Kroglowski
P.S. Hier steht der Gruß zum Sonntag als PDF zum Download bereit!
Gruß zum Sonntag Reminiszere am 16. März 2025
von Pastorin Lilienthal
Liebe Gemeinde,
Gerade noch hat es geknallt. Aber so richtig. Im Tempel war was los! Lärm, Chaos, Aufruhr. Stellen Sie sich das rege Treiben vor: Geldwechsler schreien, Tiere drängen sich in den Gängen, Menschen laufen hektisch durcheinander. Und mitten in all diesem Trubel steht Jesus. Sieht sich um. Er ist wütend. Er ist entschlossen. Und dann legt er los: Er wirft die Tische um, er vertreibt die Händler. Er wirft sie hinaus mit den Worten: Mein Haus soll ein Ort des Gebets sein‹, ihr aber habt eine Räuberhöhle daraus gemacht!
Und dann, wenige Stunden später, ist alles anders. Abend ward, bald kommt die Nacht. Es ist leise geworden. Die Nacht bricht herein. Die laute Szene am Tag – der Eklat- weicht einer stillen Begegnung in der Nacht. Kein Geschrei mehr, keine Unruhe – nur zwei Menschen, die miteinander sprechen. Zwei Männer auf ein Wort: Jesus und Nikodemus.
Nikodemus ist seiner Zeit ein angesehener Mann. Er ist ein Pharisäer, ein Schriftgelehrter, ein Lehrer des Gesetzes. Nikodemus ist also ein gläubiger Mensch und kennt sich mit der Schrift und den Gesetztestexten aus. Als dieser macht er sich auf den Weg zu Jesus. Doch er sucht nicht die Konfrontation mit ihm. Er sucht keine Diskussion und keine öffentliche Auseinandersetzung. Er sucht den Dialog. Er sucht Antworten. Er sucht Jesus mit den Worten:
Rabbi, wir wissen, du ein Lehrer bist, von Gott gekommen.
Von Gott gekommen. Weiß Nikodemus das wirklich? In jedem Fall regt sich etwas in ihm. Möchte er mehr erfahren? Ist es gar eine vorsichtige Annäherung?
So beginnt das Gespräch zwischen den beiden Männern. Es geht ums Ganze. Eine nächtliche Unterhaltung über das Leben und die Wahrheit.
Jesus erklärt ihm, dass der Mensch von Neuem geboren werden muss. Der Mensch muss aus Wasser und Geist geboren werden, um das Reich Gottes zu sehen. Jesus legt Nikodemus dar, dass durch ihn selbst das Heil kommt und der Glaube an ihn zum ewigen Leben führt. Es geht um Vertrauen. Um ein tiefes Vertrauen in Jesus als Heilsbringer und Retter. Da geht es nicht um rationales oder intellektuelles Fürwahrhalten.
Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, dass er die Welt richte, sondern dass die Welt durch ihn gerettet werde.
Gott liebt die Welt. Er kommt nicht, um zu richten, sondern um zu retten. Unsere Heilsbotschaft. Der Kern des Evangeliums. Das ist das große Geschenk. Darauf dürfen wir vertrauen. Ja, mehr noch: darauf können wir uns verlassen.
Auch Nikodemus hört Jesu Worte. Er sitzt noch immer in der Dunkelheit. Dunkel ist es vielleicht auch in seinem Inneren. Er ist hin- und hergerissen. In diese Dunkelheit hinein fordert Jesus auf, ins Licht zu treten. Ein Schritt hinaus zu wagen aus der Dunkelheit und den Glauben nicht nur mit dem Kopf, sondern mit dem Herzen zu erfassen.
Wer an ihn glaubt, der wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, der ist schon gerichtet, denn er hat nicht geglaubt an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes. Das ist aber das Gericht, dass das Licht in die Welt gekommen ist, und die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht, denn ihre Werke waren böse.
Diese Worte sind herausfordernd. Sie zeigen uns, dass Licht und Finsternis nicht nur äußere Gegensätze sind, sondern auch in uns verortet sind. Sie spiegeln auch eine Entscheidung unseres Herzens wider.
Die Finsternis kann ja auch bequem sein. Auf das eigene Leben und die eigene Dunkelheit zu blicken ist nicht immer leicht. Und noch viel schwieriger ist es, das eigene Leben zu verändern. Dafür braucht es Kraft und Mut. Manchmal ist es eben doch leichter in Gewohnheiten zu verharren, auch wenn diese uns schaden. Doch das Licht Jesu fordert uns heraus, unser Denken und Handeln zu hinterfragen – und genau das ist unbequem.
Die Finsternis verbirgt die Wahrheit. Sie überschattet sie. Im Dunkeln kann man Dinge ja auch gut verstecken. Jesus aber bringt ans Licht, was falsch ist – und das gefällt nicht jedem. Viele fürchten sich davor, dass ihre Fehler und Sünden sichtbar werden. In der Passionszeit blicken wir aber eben gerade auch darauf. Das müssen wir aushalten. Und trotzdem und das ist der so wichtige Punkt: Gottes Licht ist kein Licht der Verurteilung, kein zur Schau stellen unserer Unzulänglichkeiten. Nein, das Licht leuchtet uns aus, so wie wir sind. Mit all dem Guten und dem Schlechten. Es ist ein Licht der Heilung und Vergebung!
Es ist eine Einladung zur Hoffnung, eine Botschaft der Liebe und eine Zusage des Heils für jeden, der glaubt. Unser eigener und heilsamer Weg ins Licht.
Wir wissen leider nicht, was Nikodemus konkret geantwortet hat. Was wir wissen ist, dass diese Begegnung, dass dieses nächtliche Gespräch unter zwei Männern, ihn nicht losgelassen hat. Denn Nikodemus hat etwas gewagt. Er hat sich nicht länger versteckt.
Im weiteren Verlauf der Geschehnisse erfahren wir, dass Nikodemus seine Stimme für Jesus erhebt. Als der Hohe Rat und die Pharisäer Jesus angreifen und ihn loswerden wollen, ergreift Nikodemus seine Stimme. Natürlich ist das kein offenes Bekenntnis. Aber dennoch ist es ein Schritt hinaus aus der Dunkelheit. Es erfordert großen Mut. Er sagt:
Richtet unser Gesetz einen Menschen, ehe man ihn verhört und erkannt hat, was er tut?
Er stellt sich gegen die schnelle Verurteilung, gegen die Hetze, gegen das Unrecht. Und das bleibt nicht unbemerkt. Die anderen Pharisäer fahren ihn an:
Bist du etwa auch aus Galiläa?
Ein Spott, ein Vorwurf. Sie wollen ihn einschüchtern. Doch Nikodemus hat begonnen, seinen Weg ins Licht zu gehen. Nikodemus zeigt uns: Glaube ist ein Weg. Ein Weg, der oft in der Dunkelheit beginnt – mit Fragen, mit Unsicherheit, mit vorsichtigen Schritten. Doch Jesus ruft uns heraus: Bleibt nicht im Dunkeln. Tretet ins Licht. Denn Licht ist Wahrheit. Licht ist Liebe. Licht ist Gott selbst.
Auch wir stehen manchmal an diesem Punkt: Bleiben wir still – oder erheben wir unsere Stimme? Folgen wir der Dunkelheit – oder treten wir ins Licht?
Jesus lädt uns ein, in sein Licht zu kommen. Denn nur dort finden wir echte Freiheit, wahre Hoffnung und ein Leben in der Gegenwart Gottes.
Und nun noch ein letztes Mal zu Nikodemus.
Nach Jesu Tod, als alle anderen Jünger aus Angst geflohen sind, kommt Nikodemus noch einmal. Johannes 19 berichtet, dass er zusammen mit Josef von Arimathäa kommt, um den Leichnam Jesu zu begraben. Er bringt eine große Menge Myrrhe und Aloe – eine kostbare Gabe, ein Zeichen von Ehrerbietung und Liebe mit.
Nikodemus versteckt sich nun nicht mehr. Das Licht, das in jener Nacht begann zu leuchten, ist jetzt sichtbar.
Manchmal ist es nur ein kleiner Schritt, ein kleines Bekenntnis, ein Moment des Vertrauens. Doch jeder Schritt ins Licht bringt uns näher zu dem, der uns gerufen hat. Licht zeigt den Weg – so wie eine Lampe in der Dunkelheit Orientierung gibt.
Licht enthüllt – es macht sichtbar, was vorher verborgen war. Und Gottes Licht strahlt für uns alle. Und dieses Licht sagt uns: Gott liebt. Gott rettet. Gott schenkt neues Leben. Treten wir ins Licht.
Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.
Amen
Einen gesegneten Sonntag wünscht Ihnen Pastorin Carolin Lilienthal
P.S. Hier steht der Gruß zum Sonntag als PDF zum Download bereit!
Gruß zum Sonntag Invokavit am 09.03.2025
von Pastorin Lilienthal
Liebe Gemeinde,
und Gott, der Herr, rief: Wo bist du? Es ist eine Sensationsgeschichte. Die Geschichte vom Sündenfall. Bestimmt haben Sie die Bilder direkt vor Augen. Gott, Mensch, Apfel, Schlange. Sei es in Kunst, Kultur und Literatur, aber auch im profanen Leben, wie z.B. der Werbung, begegnet uns immer wieder diese so berühmte Geschichte vom Anfang der Bibel. Es geht um Versuchung. Versuchung ist eine ernste Sache. Die Erzählung vom Sündenfall am Anfang des Alten Testaments im Buch Genesis ist Urgeschichte. Sie ist Menschheitsgeschichte unter Gottes Wort. Sie geht allem voraus und erzählt von paradiesischen Zuständen. Der Garten Eden, die Gemeinschaft mit Gott, sie bebildert unsere Sehnsucht. Sie zeugt von einer ursprünglichen Gemeinschaft zwischen Gott und Mensch und der beiden Menschen untereinander. Eine Gemeinschaft, die in Vertrauen und Sicherheit geborgen ist. Sie deutet das Eins-Sein mit Gott. Und Adam und Eva können Gottes Angesicht sehen. Stellen Sie es sich vor: Sie können Gottes Angesicht sehen!
In diese Gewissheit hinein tritt das Böse in der Figur der Schlange. Durch listiges Fragen verunsichert sie Eva, sodass Eva das Gebot – wir wissen es - übertritt. Sie handelt gegen Gottes Wort. Zunächst wirkt es auf uns wie eine äußerliche, gar dämonische Macht, die in Eva hineinwirkt. Vielmehr ist die Schlange aber ein Symbol für das, was in uns selbst ist und uns von Gott zu trennen droht. Die Schuld haben nicht die anderen, die Frau oder die Schlange. Wir sind verantwortlich für das, was uns Menschen auseinander gehen lässt und was unsere Beziehungen angreift oder überdies scheitern lässt. Dann, wenn wir Vertrauen verlieren und Misstrauen wächst.
Das Böse zu erklären, darauf ist die Erzählung nicht aus. Das Wirken der Schlange beschreibt einzig den Bruch, der in uns stattfindet, wenn wir Vertrauen und Beziehungen hinterfragen. Wir alle kennen doch das Gefühl, wenn das Böse gar übermächtig in uns wird und wir aus Wut, Ärger oder Misstrauen etwas tun, was wir eigentlich nicht tun wollten. Wenn wir uns hinreißen lassen. Dann entsteht ein Riss und wir merken, es ist etwas zerbrochen. Und manchmal schämen wir uns auch.
So wie der Riss zwischen Gott und Mensch aufklafft.
Und dann der Ruf: Wo bist du?
Eine Frage, die in das Schamgefühl eines Menschen hinein gerufen wird. Adam und Eva haben sich versteckt. Sie hören Gott im Garten umher wandeln und möchten ihm, ihrem Schöpfer, doch nicht begegnen. Zu groß ist die Scham. Zu groß ist die Angst zu enttäuschen. Oder ist es vielmehr das Wissen darum, bereits enttäuscht zu haben? Sie können Gott nicht unter die Augen treten, sie fühlen sich nackt und hilflos. Dieses Gefühl trennt sie von Gott. Damit beschreibt die Geschichte das, was zwischen Gott und Mensch zerbrochen ist. Das, was nun klar vor Augen liegt, so wie der Mensch wirklich ist. Gott ist vom Menschen enttäuscht. Das was war, ist nicht mehr da. Beziehungslosigkeit.
Der Mensch steht nun vor Gott in all seinem Scheitern. Nackt und bloß in absoluter Konsequenz. Adam und Eva fallen hinaus aus dem Eins-Sein, aus der Geborgenheit mit Gott. Damit legen sie uns auch unser Leben vor die Füße. Wir erkennen, so ist es mit Gott und uns. Mit dieser Geschichte werden wir mit den Brüchen unseres Mensch-Seins und Miteinander-Seins, mit all dem Zweifelhaften konfrontiert. Wir sehen ja, wenn wir uns in der Welt umsehen, wir leben nicht im Paradies. In Zeiten von Terror und Lebensverneinung fürchten wir, dass das Böse im Menschen gar übermächtig wird.
Vor einiger Zeit sprach ich mit einem älteren Herrn aus kirchlichem Kontext. Ich möchte ihnen davon erzählen. Er sagte: „Nach der Wiedervereinigung in den 90-iger Jahren, da war es wirklich gut. Da dachten wir, die schlimmen Zeiten mit Angst und Krieg, die liegen endlich hinter uns. Darüber sind wir hinaus. Wir können aufatmen. Und dann der Balkankrieg. Plötzlich schlagen sich die Menschen, ja sie sind doch gar Brüder“, sagte er, „dort wieder die Köpfe ein. Wir waren fassungslos und wo sind wir heute angekommen?“
Ich sah die Traurigkeit im Blick des Mannes. Ich sah die Enttäuschung über uns Menschen und über unsere Welt. Ich dachte an die Ursprungsgeschichte, ich dachte auch an Kain und Abel.
Wer sind wir wirklich? Schauen wir uns an und in die Welt, ist das, was vom Menschen zu sagen ist, oft enttäuschend. Sowohl vor Gott als auch untereinander.
Und trotzdem die Frage: Wo bist du?
Die Antwort ist eine große Sehnsucht nach Vergewisserung. Ein Schritt hinaus aus dem Versteck. Menschen wollen doch in tragender Gemeinschaft leben und vertrauensvolle Beziehungen erfahren. Untereinander und mit Gott. Das ist doch Menschsein. Ich habe die große Hoffnung: Das ist immer stärker.
Wo bist du?
Die Passionszeit nimmt uns heraus aus aller Täuschung. Sie deckt auf, dass wir nicht sein können wie Gott und eben doch klein und nackt sind. In der Passionszeit blicken wir auf das, was es auszuhalten gilt, wenn wir uns selber ansehen. So können wir uns überhaupt erst aus unserem Versteck wagen. Dies vermögen wir zu tun im Vertrauen darauf, dass wir Gott recht sind in all unserem Mensch-Sein. Durch jeden Riss scheint auch immer das Licht des Lebens.
Und letztlich zurück zum Predigttext in Genesis 3,1-19: Gott vernichtet den Menschen nicht. Er macht seine Strafandrohung Adam und Eva gegenüber nicht wahr. Er schreitet über den Riss hinweg auf die Menschen zu. In der Geschichte gibt Gott Adam und Eva schützende Kleidung. Er bewahrt sie trotz all ihrer Unvollkommenheit auf ihrem Weg in die verantwortete Freiheit. Eine Freiheit, die jedoch im Schatten des Todes steht und mit der Aussicht endet „Denn du bist Staub und sollst zu Staube werden“. Der Predigttext schließt mit der Konfrontation und der Endlichkeit des Lebens. Doch im Grunde bewahrt Gott seine Schöpfung. Auch das ist Passion. Gott vernichtet den Menschen nicht über seine Enttäuschung. Er macht seine Schöpfung nicht rückgängig. In all unserer Freiheit und unserem Vermögen uns in unserer Lebenswirklichkeit zu ihr zu verhalten, sind wir doch nicht frei von „Sünde“. Weil wir eben Menschen sind. Wir werden schuldig und andere werden an uns schuldig. Mit diesem Wissen leben wir. Davon können wir uns nicht frei machen. Doch Gott wendet sich den Menschen, die sich selber gerade von ihm abgewendet haben, zu. Er lässt sich auf uns ein, so wie wir sind mit all dem Guten aber auch dem Bösen, das eben in uns ist.
Der Bibeltext legt unser aller Menschheitsgeschichte in einen Mythos. Gott bewahrt uns trotz und gerade wegen all unserer Unvollkommenheit. Wir hören den Text, sehen das Kreuz und sind mittendrin in der Passion. Am Beginn schauen wir schon auf das Ende. Das Ganze wird in den Blick genommen. Gott hat uns seinen Sohn geschenkt. Nackt und leidend am Kreuz. Durch seinen Leidensweg ist Christus uns nahe in all unserer Unzulänglichkeit. Gerade damit ist er nicht mehr nur unser Gegenüber, er ist mit uns. Gott nimmt den Tod, der uns bereits im Paradies zugesprochen worden ist, auf sich. Durch seinen Tod werden wir gerechtfertigt, er schenkt uns seine Gnade.
Das ist das Wunder. Das ist das Geschenk. Durch ihn dürfen wir in der Gewissheit leben, dass wir gerechtfertigt sind.
Wo bist du?
Gott geht uns nach, bis er uns findet. Auch dann, wenn wir uns vor ihm verstecken. Amen
Einen gesegneten Sonntag wünscht Ihnen Pastorin Carolin Lilienthal
P.S. Hier steht der Gruß zum Sonntag als PDF zum Download bereit!
Gruß zum Sonntag vor der Passionszeit am 02. März 2025
von Pastorin Parra
Liebe Gemeinde,
neun junge Menschen taufen wir in diesem Gottesdienst in der Stadtkirche. Es ist wundervoll, dass sich immer wieder junge Menschen von der Botschaft Gottes begeistern lassen und sagen: „Gott soll Raum haben in meinem Leben. Ich lade Gott in mein Leben ein.“ Und diese Einladung ist etwas ganz Persönliches. Jeder und jede spricht sie anders aus und füllt sie anders.
Wir erfahren in der Geschichte von Martha und Maria, wie verschieden das sogar bei zwei Schwestern sein kann. Maria und Martha kennen Jesus beide nur vom Hörensagen. Sie haben gehört, dass er im Nachbarort Menschen gesund gemacht hat und sie haben seine Geschichten über Gott und seine Liebe zu den Menschen weitererzählt bekommen, mit denen Jesus alle begeistert. Vielleicht die Geschichte von der Liebe des Vaters zu seinen zwei ganz verschiedenen Söhnen? Oder die vom kleinen Senfkorn, das wie von selbst zum großen Baum wird?
Als Jesus in ihren Ort kommt, weiß Martha sofort: „Bei mir soll er wohnen. Ich will ihn gut versorgen. Er hat so viel für die Menschen getan, jetzt will ich etwas für ihn tun. Es soll ihm an nichts fehlen. Ganz zu Hause soll er sich bei mir fühlen.“ Und Jesus folgt Marthas Einladung. Aufgeregt läuft sie im Haus auf und ab: Das Essen muss gekocht werden, Getränke gereicht, das Nachtlager muss vorbereitet werden. Wie soll sie das alles so schnell schaffen und wo ist eigentlich Maria?
Ach, da sitzt sie: Zu Jesu Füßen als wäre sie seine Schülerin. Was tut sie da? Warum fasst sie nicht mit an? Das ärgert Martha. Ist nicht Jesus bei ihnen beiden zu Gast? Martha würde auch gern bei ihm sitzen. Aber wer wird dann für alle sorgen?
Maria hört mit ganzer Seele zu und nimmt die Worte in sich auf. Das sieht auch Martha. Es hat gar keinen Sinn, dass sie jetzt mit ihrer Schwester schimpft. Aber wenn Jesus Maria bitten würde, mit anzufassen, dann würde sie das bestimmt machen. So fordert Martha Jesus auf: „Herr, kümmert es dich gar nicht, dass meine Schwester mich allein hat dienen lassen? Sage ihr doch, dass sie mir zur Hand geht!“
Sie erschrickt selbst über ihre vorwurfsvollen Worte, kaum hat sie sie ausgesprochen. Aber Jesus lächelt ihr freundlich zu und seine Stimme klingt weich und mitfühlend: „Martha, Martha! Du sorgst dich und bist beunruhigt um Vieles. Eins aber ist nötig: Maria hat das gute Teil erwählt, das nicht von ihr genommen werden wird.“
Das gute Teil – Martha grübelt: Was meint er? Ist es etwa schlecht, dass sie sich hier um alles kümmert? Ist Jesus einer von den Männern, die finden: „Das bisschen Haushalt macht sich von allein?“ Nein, Jesus sieht, was sie alles tut und dass das auch nötig und wichtig ist. Er ist gern bei ihr zu Gast, das spürt sie. Er ist gern hier, denn jetzt muss er sich um nichts sorgen und hat Zeit, ihrer Schwester und den anderen Gästen von Gott zu erzählen. Von Gottes Liebe, die größer ist als alles, was man sich vorstellen kann, die ansteckt und Kraft gibt, die einen über sich hinauswachsen lässt.
Wenn Martha genau nachdenkt ist es diese Kraft, diese Liebe in ihr, die sie dazu gebracht hat, Jesus in ihr Haus einzuladen. Sie hatte die Liebe schon von Klein auf in sich, aber die Geschichten, die sie über Jesus gehört hat, haben sie lebendig und groß gemacht. Die Liebe muss Früchte tragen.
Für Martha ist gerade das Handeln dran. Sie will für andere da sein und, das weiß sie jetzt: Sie will ihrer Schwester diesen Moment mit Jesus und seinen Geschichten gönnen. Das ist das, was Maria jetzt braucht. Es ist nicht gut, diese Dinge gegeneinander aufzurechnen. Ganz von selbst wird Maria - gestärkt durch die Worte Jesu – später an anderer Stelle für andere Menschen da sein. Aber jetzt ist für sie das Sitzen und Hören dran.
Beides gehört zum Leben: Das Hören und das Handeln. Sie sind wie zwei Schwestern, die ohne einander nicht sein können. Beide sind gut und richtig und von Gott so geliebt wie sie sind.
Wenn Gott Raum in unserem Leben hat, dann prägt das unser Hören und Handeln.
Davon erzählen auch die Bibelworte, die die jungen Menschen sich als Taufspruch ausgesucht haben:
Gott schenkt uns Geborgenheit und die Gewissheit, bei ihm aufgehoben zu sein, was auch geschieht. Diese Gewissheit lassen die jungen Menschen sich in der Taufe zusprechen:
„Gott wird dir seine Engel schicken, um dich zu beschützen, wohin du auch gehst“, so lautet Pias Spruch aus Ps 91,11. Gott spricht: „Es soll meine ganze Freude sein, ihnen Gutes zu tun und ich will sie in diesem Lande einpflanzen, ganz gewiss, von ganzem Herzen und von ganzer Seele“, das ist Fenjas Spruch aus Jer 32,41.
Nichts tun müssen, sondern einfach da sein. Sich nicht beweisen müssen durch schulische Leistungen, gutes Aussehen oder Coole Art, sondern einfach da sein dürfen, so wie man eben ist – Gott erlaubt uns das, so wie Jesus Maria erlaubt, einfach da zu sitzen und zu hören, aufzutanken gewissermaßen. Wir dürfen uns das auch erlauben, müssen es sogar, denn sonst brennen wir auf die Dauer aus.
Was Gott uns erlaubt, müssen wir uns nicht von Menschen verbieten lassen.
„Der Herr ist mit mir, darum fürchte ich mich nicht. Was können Menschen mir tun?“ (Ps 118,6) So heißt es in Lillys Spruch.
Aus den Zeiten des Auftankens wächst neue Kraft, anders zu leben: aus der Liebe Gottes heraus. Milla ist wichtig, in Frieden und Dankbarkeit zu leben. Ihr Spruch lautet: „Lass meine Seele leben, dass sie dich lobe.“
Und dies Lob geschieht eben nicht nur durch Worte, sondern auch durch Taten: „Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem“, heißt es in Mias Spruch aus Röm 12,21.
Maja hat sich Mt 5,9 ausgesucht: „Selig sind die Frieden stiften, denn sie werden Gottes Kinder heißen.“
Simon ist wichtig: „Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.“ (2. Tim 1,7)
Ob wir also ausruhen, hören und neue Kraft tanken oder helfen, für andere da sind und aktiv Dinge in dieser Welt zum Guten verändern – beides ist aufgehoben in der Liebe Gottes. Beides sind zwei Seiten einer Medaille. Eine kann ohne die andere nicht sein. So wie die Schwestern Maria und Martha zusammen gehören und für- und miteinander tun, was gerade für sie dran ist. Das versteht Martha am Ende und kann nun ohne Groll die letzten Handriffe erledigen, um sich dann auch dazuzusetzen und ihrem Gast zuzuhören.
Man soll Dinge richtig machen, sonst kann man es auch gleich lassen, so findet Oda und hat sich darum das Wort ausgesucht: „Alle eure Dinge lasst in Liebe geschehen.“ (1. Kor 16,14) Was wir im Vertrauen auf Gottes Liebe und aus dieser Liebe heraus tun, ist richtig, denn, so weiß Lina:
„Gott ist die Liebe und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.“ (1. Joh 4,16b)
Wie schön, dass diese neun jungen Menschen heute Gott und seine Liebe in ihr Leben einladen!
Ihre und Eure Pastorin Ute Parra
P.S. Hier steht der Gruß zum Sonntag als PDF zum Download bereit!
Gruß zum 2. Sonntag vor der Passionszeit am 23. Februar 2025
von Pastorin Parra
„Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Weg.“ (Ps 119,105)
Liebe Gemeinde,
Gottes Wort ist ein – oder viel mehr das - Licht auf unserem Weg. Das wussten die Menschen schon lange bevor „Das Wort“ „Fleisch“ wurde und Jesus Christus geboren wurde. Lange bevor der Apostel Paulus sich auf den Weg machte, um die Gute Nachricht von Jesu Leben, Sterben und Auferstehung auszubreiten hat Gott seinen Namen verraten. Der lautet: „Ich bin da“. Gott hat versprochen: „Ich bin bei Dir, bin für Dich da!“
Am Anfang war das Wort. Am Anfang der Schöpfung sprach Gott: „Es werde Licht!“ Gottes Licht erhellt von Anfang an unserem Weg. Aber was, wenn wir vor einer Weggabelung stehen und keine Stimme hören, kein Licht sehen, das uns den Weg weist? Machen wir etwas falsch? Müssen wir nur genauer hinhören und hinsehen?
Sicher ist es wichtig, die Bereitschaft zum Hören und Sehen zu haben. Aber dass Gott zu uns spricht und unseren Weg hell macht, ist sein Geschenk an uns. Und das Gute: Er knüpft dies Geschenk nicht an Bedingungen, die wir erfüllen müssen. Es geschieht einfach so. Manchmal unerwartet und ganz anders als gedacht.
So wie damals, als Paulus bei Nacht eine Erscheinung sah:
Träumt er oder steht der Mann ganz real vor ihm? Gottes Wort und Auftrag kommt Paulus durch die Stimme dieses makedonischen Mannes zu Ohren: „Komm herüber nach Makedonien und hilf uns!“ Davon, dass das Gottes Zeichen an sie war, sind Paulus und seine Freunde überzeugt. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg, der sich nun vor ihnen auftut: Sie wollen helfen, die Gute Nachricht in Makedonien auszubreiten. So kommen sie schließlich in die Stadt Philippi im ersten Bezirk der römischen Kolonie Makedonien.
(Das römische Reich war in vielem gar nicht so anders als unsere Welt heute: Viele verschiedene Völker, Kulte und Kulturen, religiöse und spirituelle Gruppierungen, Menschen, die um ihre Würde streiten, Vertriebene und Gestrandete, weltweiter Handel und Besatzungsarmeen, Kaufleuten und Migranten.)
Es ist gar nicht so leicht, sich in so einer fremden Umgebung zurechtzufinden: Wohin genau sollen sie gehen? An wen sich wenden? Einige Tage hören sie sich um, so dass sie am Sabbat wissen, wo sich die Menschen treffen, die miteinander zu Gott beten. Vor dem Stadttor am Fluss begegnen sie einer Gruppe von Frauen und setzen sich mit dazu. Die Männer hören den Frauen zu. Die Frauen erzählen von ihrem Leben, ihren Hoffnungen und Träumen, erzählen, warum sie immer wieder zum Beten an diesen Ort kommen.
(Ob Paulus und seine Freunde erst gezögert haben? Immerhin war es nicht üblich, dass Frauen den Ton angaben in dieser Welt, in der die Männer das Sagen hatten. Und die Gruppe um Paulus hatte ja schließlich selbst etwas auf dem Herzen: Die Gute Nachricht. Dennoch sind sie nicht gleich mit der Tür ins Haus gefallen. Vielleicht war die Situation ungewohnt für sie, aber sie haben nicht vergessen, wozu sie nach Makedonien gekommen sind: Um zu helfen. Wie kann man jemanden helfen, wenn man gar nicht wirklich weiß, was das Gegenüber braucht? Die Kommunikation der Guten Nachricht ist keine Einbahnstraße.)
Erst als sie die Frauen ein bisschen kennen gelernt haben, erzählen sie von ihrem Glauben, vom Wort Gottes in ihrem Leben, vom Licht auf ihrem Weg. Sie finden Worte für das, was ihr Herz erfüllt, Worte, die zeigen: Wir haben verstanden, wonach ihr auf der Suche seid und ihr liegt uns am Herzen. Ihr liegt auch Gott am Herzen. Sie finden Worte für die gute Nachricht, Worte in der Sprache der Herzen dieser Frauen, die sie eben erst kennengelernt haben.
Worte darüber, dass Gott für alle Menschen da ist, auch und gerade für die, die am Rande stehen und in der Gesellschaft nichts zu sagen haben, die draußen vor den Toren der Stadt zum Beten zusammenkommen. Dass vor Gott weder Jude noch Grieche ist, weder Mann noch Frau, weder Sklave noch Herr, weder Migrantin noch Staatsbürgerin, alle sind eins in Christus.
Unter den Frauen ist eine mit Namen Lydia, eine Purpurhändlerin aus der Stadt Thyatira, die zwar keine Jüdin ist, aber an den Gott der Juden, den „Ich bin da“ glaubt. Dieser Frau tut sich das Herz auf während sie zuhört. Gottes Wort, Licht auch auf ihrem Weg, macht ihr Inneres hell und weit. Sie weiß nun: Sie möchte Christin werden. Sie und alle, die zu ihr gehören, lassen sich taufen.
Das sind einige, denn Lydia ist eine wohlhabende, einflussreiche Frau. Und sie kann sich durchsetzen. „Wenn ihr anerkennt, dass ich an Jesus Christus glaube, dann kommt in mein Haus und bleibt da.“ Paulus und seine Freunde folgen ihrer vehementen Einladung.
Sie haben sich bewegen lassen vom Wort Gottes und sich aufgemacht. Sie sind Menschen begegnet. Und nun spüren sie: Hier sind sie am richtigen Ort. Hier bewegt das Wort, das sie weitererzählen, wiederum andere. Das spürt er, auch wenn er nicht dem Mann aus dem Traum begegnet ist, sondern einer Gruppe von Frauen. Auch wenn noch nicht klar ist, was Gott jetzt weiter hier mit ihm vorhat. Die Worte der Frauen, die Worte Lydias, sind ihm wichtig geworden.
Lydia ist wichtig. Sie ist die erste Christin in Europa, von der berichtet wird. Sie hat Paulus und seine Freunde beherbergt. Vielleicht war das ihre Aufgabe, zu der sie das Wort Gottes in ihrem Herzen geführt hat. Vielleicht hat sie selber auf ihren Reisen nun das Wort Gottes mit anderen geteilt. Sicher war es Licht auf ihren Wegen.
Wenn der Gott uns heute ruft, wenn die Menschen uns brauchen, dann hören vielleicht auch wir die Worte, die Paulus keine Ruhe gelassen haben: „Komm herüber, komm herüber und hilf uns!“
Wie finden wir diese Orte, an die wir heute gehen müssen? Oder finden diese Orte am Ende uns? Schaut man sich die Wildgänse an, scheinen diese nur planlos ihre Kreise am Himmel zu ziehen. Trotzdem landen sie zielsicher immer genau dort, wo sie hingehören und wo sie leben können. Intuitiv folgen sie den richtigen Wegen zu den richtigen Orten. So ähnlich geht es auch uns: Wenn uns der Glaube in das Leben ruft, dann kann das auf vielfältige, auch auf verborgene Weise geschehen. Vielleicht wachen wir plötzlich mit einer Gewissheit auf, so wie Paulus, der im Schlaf nach Makedonien gerufen wurde. Vielleicht sehen wir Menschen, auf die wir zugehen wollen so wie die Reisenden die Frauen am Fluss gesehen haben. Vielleicht spüren wir in einem Gespräch, wie unser Herz sich öffnet und da auf einmal die richtigen Worte und Gedanken sind.
Gott macht uns frei, dass wir mit offenen Augen und Ohren durch die Welt gehen können, damit wir wahrnehmen, wo es für uns etwas zu tun gibt. So gelangen wir in die Situationen, in denen wir etwas bewirken können. Wo gerade unsere Ideen und Talente gefragt sind. In diesen Situationen haben wir die Chance Gottes Wort weiterzutragen.
Heute am Wahlsonntag, werden wahrscheinlich die wenigsten von uns direkt eine Stimme hören, die spricht: „Dort sollst Du Dein Kreuz machen!“ Und dennoch Wir können etwas bewirken, wenn wir unser Kreuz im Vertrauen auf Gott setzen, der uns sagt: „Fürchte dich nicht! Ich bin da. Ich bin für Dich da. Für alle Menschen.“ Wenn wir auf Menschen zugehen, die angesichts der aktuellen Krisen in der Welt nur noch die Stimme Angst in sich hören können. Wenn wir mit ihnen ins Gespräch kommen, zuhören und erspüren, was sie von uns brauchen.
Der Theologe Fulbert Steffensky sagt: „Mission heißt: zeigen, wer man ist und was man liebt.“ Ich möchte ergänzen: Es so zeigen, dass das Gegenüber es hören und sehen kann. Und dabei auch hinhören und hinsehen, ob ich Gottes Stimme in den Worten meines Gegenübers vernehme und mir in ebendiesem Gegenüber ein Licht auf meinem Weg leuchtet. Mission ist, wenn wir einander zu Leuchttürmen werden und miteinander den Weg der Freiheit gehen, den Gott uns weist.
Ihre und Eure Pastorin Ute Parra
P.S. Hier steht der Gruß zum Sonntag als PDF zum Download bereit!
Gruß zum Sonntag Septuagesimae am 16.02.2025
von Pastorin Pfeifer
Liebe Gemeinde,
unseren heutigen Predigttext haben wir vorhin in der Evangelienlesung bereits gehört. Das Gleichnis von den Arbeitern in Weinberg, das Jesus zu Beginn seines Weges nach Jerusalem erzählt und das seine Zuhörer schon damals ziemlich geärgert und aufgeregt hat. Denn es ist eine geradezu widerborstige Geschichte.
Die dem menschlichem Gerechtigkeitsempfinden bis heute widerstrebt. Kaum einer, der das Murren der Arbeiter nicht verstehen und nachvollziehen könnte. Da haben sich manche, so viele Stunden unter der gleißenden Sonne bei der Arbeit im Weinberg abgearbeitet und geplagt Für den Lohn von einem Denar, was nach Luther mit dem Wort Silbergroschen übersetzt wird und so nach viel mehr klingt, als es in Wahrheit ist. Gerade soviel, wie die Arbeiter für einen Tag brauchen, um leben zu können und ihre Familien satt zu kriegen. Und wir haben gehört, dass diese Arbeiter dann auch ziemlich sauer geworden sind, als sie nicht mehr, als diejenigen kriegen, die gerade mal eine Stunde unter der milder werdenden Sonne am späten Nachmittag mitgearbeitet haben. Fast jeder von uns wird irhen Unmut verstehen.
Gerechtigkeit, nach unserem Verständnis geht anders. Sieht anders aus. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Aber auch mehr Geld für mehr Arbeit und Leistung, ist nach unserem Ermessen das, was man durchaus erwarten kann, wenn die Angst um den eigenen Arbeitsplatz einen nicht dazu treibt, es ganz anders machen und erwarten zu müssen. Ansonsten haben viele von uns sich an Sonn- und Feiertagszuschläge und Bezahlung der Überstunden, vollkommen zurecht, gewöhnt.
Und wir achten auch darauf, dass wir unser Recht auch bekommen. Und ob das, was wir als Lohn oder Gehalt bekommen in einem angemessenen Verhältnis zu anderen steht. Denn es geht dabei ja auch um Gerechtigkeit.
Das ist so, bei der Bezahlung, das gilt aber auch in jedem anderen Bereich.
Schon Kinder achten sehr genau darauf, ob es Zuhause gerecht zugeht. Ob sie die gleiche Zeit und Aufmerksamkeit, wie die Geschwister bekommen. Als Eltern wissen wir allerdings nur allzu gut, wie schwer das manchmal ist, den Kindern tatsächlich gerecht zu werden. Bei Geschenken mag das noch vergleichsweise einfach sein, wenn Kinder den gleichen Wert oder die gleiche Anzahl an Geschenken bekommen. Viel schwerer ist das mit der Zeit und der Aufmerksamkeit. Weil wir ganz genau wissen, dass Kinder eben durchaus verschieden bedürftig sind. Dass manche Kinder sehr viel Zeit und Kraft binden, durch Krankheiten oder auch Schwierigkeiten in der Schule, während andere Kinder geradezu Selbstgänger sind. Und es ist dann gar nicht so leicht, gerade auch diesen Kindern gerecht zu werden. Die Kraft und Energie aufzubringen, sie ganz bewusst in den Blick zu nehmen und für sie ganz persönlich dazu sein.
Und wie soll eine Lehrerin in der Schule es tatsächlich schaffen, 25 Kindern gleichermaßen gerecht zu werden. Die Krankenschwester im Krankenhaus, der Pfleger auf der Pflegestation, der Menschen pflegen muss, die der intensiven Pflege bedürfen, genauso, wie diejenigen, die sich noch sehr viel besser selber helfen können.
Manchmal ist es geradezu eine hohe Kunst tatsächlich gerecht zu sein. Soll ich, muss ich und kann ich überhaupt meine Zeit und meine Kraft gleichmäßig aufteilen. Oder werde ich dem anderen Menschen sogar eher gerecht, wenn ich versuche jedem das zukommen zu lassen, was er oder sie jeweils braucht. Keine leichte Aufgabe und Frage.
Demgegenüber ist die Forderung nach gleichen Lohn für gleiche Arbeit und auch die Umsetzung relativ leicht. Auch, wenn es bei der Erfüllung der Arbeit immer und überall Unterschiede gibt, die nicht so einfach zu messen und gerecht zu entgelten sind.
Und trotzdem unser Weinbergbesitzer hat scheinbar von diesen ganzen Überlegungen rein gar nichts kapiert. Er hat seinen Betrieb noch nicht einmal vernünftig organisiert und geplant.
Er weiß nicht einmal, wie viele Arbeitskräfte er tatsächlich braucht. Und richtig wirtschaften kann er auch nicht, wenn er sein Betriebskapital mit vollen Händen unter die Leute bringt. Und den letzten, die so wenig gearbeitet haben, genau den gleichen Lohn gibt, wie den ersten.
Liebe Gemeinde, wir merken es längst: Unser Predigttext sprengt unser übliches Denken und unsere üblichen menschlichen Kategorien. Denn es geht hier nicht um das, was wir Menschen für gerecht oder richtig halten, es geht hier um Gott. Von dem Jesus in seinem Gleichnis erzählt. Um seine Gerechtigkeit, die dem Menschen nicht danach gibt, was er oder sie geleistet oder verdient hat, sondern der in seiner überschwänglichen Güte jedem Arbeiter das gibt, was er braucht. Was nötig ist, damit er selbst, seine Familie und Kinder satt werden können. Ganz egal, ob jemand viel oder wenig gearbeitet hat. Er bekommt das, was er braucht und was gut für ihn ist. Und zwar ganz unabhängig davon, ob wir Menschen das gerecht oder ungerecht finden. Und auch in unserem Gleichnis ist Gott in seiner Güte ja nicht wortbrüchig, sondern in seiner Zusage treu und verlässlich geblieben. „Mein Freund, ich tu dir nicht Unrecht. Bist du nicht mit mir einig geworden über einen Silbergroschen? Nimm, was dein ist und geh. Ich will aber diesem letzten dasselbe geben wie dir.
Oder habe ich nicht Macht zu tun, was ich will, mit dem, was mein ist. Siehst du darum scheel, guckst du scheel drein, weil ich so gütig bin. Modern gesagt, bist du neidisch und schlecht gelaunt, weil ich so gütig bin?
Liebe Gemeinde. Wir merken, dass Gottes Gerechtigkeit seine Güte ist. Dass er will, dass alle Menschen das bekommen und haben, was sie brauchen und was für sie nötig ist.
Und es tut mir gut, von dieser geradezu verschwenderischen Güte zu hören. Dass das kleine Kind und neugeborene Baby, dass noch gar nichts kann und vermag und auch der altgewordene Mensch, der nicht mehr viel kann und dessen Kräfte schwinden und der nun auf Hilfe angewiesen ist von Gott ganz genauso geliebt wird wie all die andere, die noch ganz viel leisten und schaffen können. Gott will allen das. was sie brauchen zum Leben geben.
In unserem Gleichnis hören wir Gott sei Dank davon,
dass Gottes Güte und Zuwendung nicht von der eigenen Leistung abhängig ist. Wie oft fühle ich mich selbst klein und schwach und habe das Gefühl, dass ich das, was ich eigentlich tun müsste eben doch nicht mache, sogar dann, wenn ich das eigentlich doch noch irgendwie schaffen und hinkriegen könnte. Und wie schnell kann ich, auch wenn ich mich heute noch kräftig und stark fühle, plötzlich doch-manchmal im Bruchteil weniger Sekunden etwa durch einen schlimmen Unfall selber hilflos und schwach und alles andere als leistungsstark werden.
Gott sei Dank hängt Gottes Liebe und Güte von unserer eigenen Leistung und Leistungsfähigkeit nicht ab. Und ich finde, das ist ein großer Trost für alle, die sich schwach fühlen, die das Gefühl haben nichts aber auch gar nichts mehr leisten du schaffen zu könne. Aber auch für alle, die sich abrackern und abmühen und trotzdem das Gefühl haben das das immer noch nicht reicht. Unser Gleichnis zeigt uns: Die Liebe und Güte Gottes hängt von vorzeigbaren Leistungen und auch von unsrer eigenen Leistungsfähigkeit nicht ab. Das ist die frohe Botschaft unserer Geschichte.
Aber das ist auch kein Freifahrtschein, als käme es auf das, was wir tun, machen und leisten können, nicht an. Auch die Arbeiter im Weinberg haben ihre Arbeit so lange und so gut sie konnten, gemacht.
Aber wir sollen getröstet sein, dass die Liebe und Freundlichkeit Gottes davon nicht abhängig ist. Weil Gott uns schon vor aller Leistung lieb hat und wertschätzt. Weil Gott aus sich selbst heraus liebevoll und großzügig ist und großherzig bleibt.
Hierauf können und dürfen wir vertrauen und darauf dürfen wir uns alle verlassen.
Amen
Gruß zum 4. Sonntag vor der Passionszeit am 09. Februar 2025
von Pastorin Parra
Liebe Gemeinde,
Es ist Abend. Andreas ist müde und sein Kopf voll. Die Geschichten, die Jesus erzählt, haben es in sich. In jeder einzelnen steckt so viel Wahrheit, so viel Hoffnung. Die Menschen spüren das und wollen immer mehr hören. Hunderte waren es heute.
„Wie gut“, denkt Andreas, „dass ich mein Fischerboot noch hatte und Jesus ein Stück auf den See hinaus rudern konnte. Von da aus konnten ihn alle sehen. Und ich durfte mit meinen Freunden aus nächster Nähe zuhören:
Ein Senfkorn – das kleinste aller Samenkörner – wird zu einem mächtigen Baum. Die Hoffnung, die wir Fischer längst verloren hatten, keimt wieder neu auf unter uns. Wir machen uns auf einen neuen Weg mit Jesus. Werden Menschenfischer und geben die Hoffnung, die er in uns gesät hat, weiter. So viele sind wir schon, die ihm nachfolgen. Die keine Angst mehr haben wollen, sich nicht mehr verkriechen wollen vor der Willkür der römischen Besatzer und den angedrohten Gottesstrafen der Pharisäer. Die nicht mehr nur an sich denken wollen, weil die Zeiten hart sind, sondern miteinander teilen, was wir haben und darauf vertrauen: Es wird genug sein. Das klingt wundervoll, das will ich glauben. Dafür habe ich alles stehen und liegen gelassen und bin mit Jesus mitgegangen. Und doch: Es ist noch so wenig sichtbar jenseits unserer Gemeinschaft. Können wir wirklich so leben in dieser Welt, die immer düsterer und egoistischer zu werden scheint?“
„Andreas“, so reißt Jesu ihn aus den Gedanken. „Andreas, lass uns jetzt ans andere Ufer fahren.“ Andreas und seine Freunde schicken die Leute nach Hause und setzen die Segel. Sie sind wieder ganz im Hier und Jetzt. Jeder Handgriff sitzt, ist tausendmal erprobt. Es weht nur eine milde Abendbrise und das Boot gleitet gemächlich durch die blaue Dämmerung. Andere Boote folgen mit leicht gebauschten Segeln. Aber Andreas kennt die Tücken des Wetters hier auf dem See. So bemerkt er schnell die Wolkenwand, die von Westen heranzieht als sie mitten auf dem See sind. Noch vor den ersten heftigen Windstößen haben sie die Segel eingeholt, aber was hilft das? Die Wellen türmen sich meterhoch und werfen das Boot hin und her wie eine Nussschale, schlagen auf die Planken so dass es sich langsam mit Wasser füllt.
In Andreas` Kopf ist kein Platz mehr für Senfkörner und Bäume, nur noch für den Schöpfeimer in seiner Hand und für die Angst: Das Land ist weit weg. Werden sie es jemals wieder sehen oder auf dem Grund des Sees enden? Sie hätten nicht mehr rausfahren dürfen, denkt er. Jesus kennt sich ja auch gar nicht aus mit dem Wetter hier. Das war leichtsinnig. Wo steckt er überhaupt?
Da hinten liegt er. Wo die Wellen nicht hinkommen, ein Kissen unter dem Kopf und schläft ganz fest. Ja, einfach so! Bekommt er das alles nicht mit? Jetzt rüttelt Petrus ihn wach und schreit ihn an, so dass Andreas es durch das Brausen des Sturms hindurch bis hier vorne hören kann: „Meister, ist es Dir etwa egal, wenn wir alle sterben?“ Alle Augen richten sich auf Jesus, der langsam aufsteht und die Arme den vom Sturm aufgepeitschten Wellen entgegenstreckt: „Schweig! Verstumme!“ (Bachkantate: Schweig und Verstumme)
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„Was seid ihr so furchtsam? Habt ihr noch keinen Glauben?“
Wie ein Blitz durchschneiden die Worte die Stille, leise und doch auf dem ganzen Boot deutlich zu hören. Andreas zuckt zusammen. Und er begreift: Sie sind erst ganz am Anfang. Das alles ist viel gewaltiger als er es sich vorgestellt hat. Das Vertrauen ist erst ein ganz kleiner Keimling. Der Glaube muss noch wachsen. Und wie groß und mächtig er sein kann, das macht ihm Angst. „Wer ist der, dass ihm Wind und Meer gehorsam sind?“ So raunt es überall.
Sie sollten doch ohne Angst sein, sich immer geborgen wissen. Aber da sind so viele Dinge, die sie nicht verstehen: „Woher kommen die Unwetter und Stürme in unserem Leben, die uns das Fürchten lehren? Die Schicksalsschläge, das Verlassenwerden, Krankheit und Tod? Steckt Gott dahinter? Schläft er am Ende gar während wir in größter Not sind? Und wenn er aufwacht: Halten wir Menschen das aus?“
Andreas versteht die Angst der andern. Diese Stille nach dem Sturm ist fast noch unheimlicher als das Toben der Elemente. Ein Mensch kann so etwas nicht: die Elemente beherrschen. Ist Jesus Gott selbst – bei ihnen? Kann es so etwas geben? Damit hatte er nicht gerechnet. Dass etwas geschieht wie damals als Gott das Meer teilte und das Volk trockenen Fußes hindurchging. Er dachte immer, das seien bloß alte Geschichten. Aber nun ist Gott da, mitten in seinem Leben. Damit hatte Andreas nicht gerechnet.
Als ob seine Welt sich mit einem Schlag aus den Fugen hebt während Jesus spricht. Dann die Stille. Nicht nur Wind und Wellen halten den Atem an. Das verunsichert ihn zutiefst, dass doch da ist, womit er im tiefsten Innern nicht gerechnet hatte. Etwas hat sich verändert – in ihm. Etwas beginnt zu wachsen. Das Samenkorn des Glaubens will ein großer Baum werden.
Und dann legt sich die Angst wie vorher der Sturm: Es ist nicht so, dass er keine Angst haben soll, sondern er braucht keine Angst zu haben. Er kann mit Gott rechnen in seinem Leben. Auch wenn die Wellen toben und wüten. Auch wenn er das Gefühl hat, dass Gott schläft und nichts von seiner Not mitbekommt: Andreas ist nicht allein. Gott ist da, ganz nah und mittendrin.
Mittendrin in den Stürmen unseres Lebens, in der Finsternis der Nacht: Eine leise und doch gewaltige Stimme: Hab keine Angst, ich bin da! Und dann wieder Stille.
Stimme, die Stein zerbricht,
kommt mir im Finstern nah,
jemand, der leise spricht:
Hab keine Angst, ich bin da.
Sprach schon vor Nacht und Tag,
vor meinem Nein und Ja.
Stimme, die alles trägt:
Hab keine Angst, ich bin da.
Bringt mir, wo ich auch sei,
Botschaft des Neubeginns,
nimmt mir die Furcht, macht frei,
Stimme, die dein ist: Ich bin’s!
Wird es dann wieder leer,
teilen die Leere wir.
Seh dich nicht, hör nichts mehr –
und bin nicht bang: Du bist hier. (J. Henkys/Andreas Frostenson)
Dann wieder Stille, aber Stille, die von Gottes Stimme weiß. Es werden wieder Stürme kommen. Gerade in dieser Zeit gibt es immer mehr. Nicht nur weil die Elemente durch den Klimawandel ihre Unbeherrschbarkeit immer deutlicher zeigen, sondern auch weil weltweit eine Politik um sich greift, die das eigene Machtinteresse um jeden Preis in den Vordergrund rückt und Ängste vor dem Fremden schürt.
Es ist gut, wenn dann freier Raum in uns ist, damit wir diese leise und doch gewaltige Stimme hören können, damit sie in uns nachhallt: „Hab keine Angst, ich bin da!“
Bleiben Sie behütet. Ihre und Eure Pastorin Ute Parra
P.S. Hier steht der Gruß zum Sonntag als PDF zum Download bereit!
Gruß zum 3. Sonntag nach Epiphanias am 26.01.2025
von Pastorin Parra
Liebe Gemeinde,
Eine karge Berglandschaft, vor ihnen ein paar niedrige Steinhütten, sonst nur eigentlich nur Schotter und Steine. Sie sind auf der Durchreise. Hier wohnen Samariter. Die Samariter beten den gleichen Gott an wie Jesus und seine Freunde, aber auf andere Weise. Sie haben auch einen eigenen Tempel und kommen deshalb nicht nach Jerusalem. Man geht sich lieber aus dem Weg. Aber es ist Mittag und die Sonne brennt vom Himmel. Jesus und seine Freunde haben Hunger und Durst. Einer sagt: Wollen wir hier nicht fragen, ob wir etwas zu Essen kaufen können?“ „Aber du weißt doch, das sind Samariter. Ach was solls, ich habe Hunger, lass uns gehen. Kommst Du mit, Jesus?“ „Nein, geht ihr nur. Ich warte hier bei dem Brunnen. Ich bin müde und muss nachdenken.“
Auf einmal ist es ganz still. Die Sonne brennt immer noch vom wolkenlosen Himmel. Jesus hat Durst, aber er kommt nicht an das Wasser, das ihm aus der Tiefe entgegenglitzert. Frisches Quellwasser sprudelt dort unten aus dem Felsgrund hervor und füllt leise gluckernd den dunklen, kühlen Brunnenschacht. Jesus sehnt sich nach dem frischen Geschmack auf der Zunge und dem kühlen Nass, das die Kehle hinabrinnt. Sein Mund ist ganz ausgetrocknet. Er sehnt sich nach einem Menschen, der vorbeikommt und für ihn Wasser schöpft, nach ein paar guten Worten mitten in der einsamen, fremden Mittagshitze.
Immer wieder, so denkt er, brauchen wir Menschen das: Ein kühles Getränk, Jemand, der uns hilft und für uns da ist. Immer wieder sehnen wir uns: Nach einem sicheren Ort, wo wir uns zu Hause fühlen und geliebt sind. Wo wir frei sind von allem, was uns den Weg zum Lebendigen Wasser versperrt. Von allen Grenzen.
Immer wieder, so ist der Kreislauf des Lebens. Aber einmal werden wir dort ankommen, wo aller Durst, alle Sehnsucht gestillt ist. Einmal werden wir nicht mehr getrennt sein: Juden, Samariter, Männer, Frauen, Arme, Reiche, alle vereint an der Quelle des lebendigen Wassers, die nie versiegt.
Ja, einmal! Und jetzt? Jesus weiß und spürt: Auch jetzt ist sie schon da, diese Quelle. Auch jetzt, während er so durstig am Brunnen sitzt. Gott mitten in der Welt. Dazu ist er Mensch bei den Menschen, dass er davon erzählt. Dass er das Lebendige Wasser schon jetzt austeilt und es in den Menschen zu einer Quelle wird, die in das ewige Leben quillt.
Er hat die Frau gar nicht kommen gehört, so tief war er in seine Gedanken versunken. Da steht sie nun vor ihm. Sie hält gebührenden Abstand, denn sie sieht gleich, dass er nicht nur ein Mann ist, sondern auch ein Jude. Aber sie muss ja an den Brunnen, um Wasser zu holen.
„Gib mir zu trinken“, spricht Jesus sie an. Vorsichtig hakt sie nach: „Du bist ein Jude, ich eine Samariterin. Wie kannst du mich um etwas zu trinken bitten?“ Und Jesus erzählt von dem Schatz, der in ihm ist. Erzählt vom Lebendigen Wasser, das Gott den Menschen schenkt.
Die Frau versteht nicht. Und wer will es ihr verübeln. Schließlich ist sie doch die, die das Schöpfgefäß in der Hand hält. Was hat dieser Fremde zu bieten? Hält er sich für besser als ihr gemeinsamer Stammvater Jakob, der den Brunnen hier gebaut hat? Darum versucht Jesus es nochmal: Alles, was in dieser Welt geschieht, ist vorläufig. Wieder und wieder muss sie zum Brunnen gehen und Wasser schöpfen. Was Gott schenkt, gilt ein für alle Mal. Das Lebendige Wasser wird eine Quelle in ihr entstehen lassen, die fließt und sprudelt – für immer. Bis ins Ewige Leben. Es wird genug da sein, dass sie allen davon abgeben kann. Dass Grenzen weggespült werden und eine Gemeinschaft entsteht, die trägt.
Und da sagt die Frau: „Gib mir solches Wasser!“
Im Konfirmandenunterricht haben wir uns daran erinnert, wie gut es tut, ein kühles Glas Wasser zu trinken, wenn man wirklich, wirklich durstig ist. Und wie lebendig ein plätschernder Bergbach klingt. Wie froh und zufrieden sein Gluckern machen kann.
Wir haben auch darüber gesprochen, was man außer Essen und Trinken zum Leben braucht und wonach wir uns sehnen. Aber da kamen wir schon an unsere Grenzen. Manches von dem lässt sich gar nicht in Worte fassen. Wir können sagen: Familie, Geborgenheit, Freunde, ein sicheres Zuhause, Gesundheit, Frieden, Freiheit, Glück…
Aber wie fühlt sich diese Sehnsucht genau an. In Elfchen-Gedichten haben die Konfirmanden das Bild des Lebendigen Wassers benutzt, auf ganz verschiedene Weise:
Manche bleiben ganz konkret bei dem, was sie am Wasser dieser Welt schätzen. Bei Erlebnissen in der Natur und dem Wissen, das es ohne Wasser kein Leben gib:
Fenja: Wasser
Eine Flüssigkeit
Aus der Natur
Wichtig für den Körper
Wasser
Simon, Jack und Jan:
Wasser
Lebendiges Wasser
Quellen Wasserstein
Mann trink das Quellwasser
Glücklich
Lena: Blau
Das Wasser
Fließt in Bächen
Ich fühle seine Kälte
Leben
Frieda/Nina/Lene: Wasser
Lebendiges Wasser
Löscht meinen Durst
Macht mich sehr glücklich
Gesundheit
Konstantin: Wasser
Erfrischendes Wasser
Quelle unseres Lebens
Unbeschreiblich erfrischendes Gefühl
Unbeschreiblich
Bei Damons Gedicht sehe ich die beiden Fremden, Jesus und die Samariterin, gemeinsam am Brunnen stehen. Juden und Samariter haben keine Gemeinschaft miteinander? Das Wasser, das sie teilen, bringt sie zusammen:
Wasser
Lebendiges Wasser
Hilft den Menschen
Bringt den Menschen Glück
Gemeinschaft
Wenn ich Linas Gedicht höre, denke ich an einen mächtigen Strom, der eine Landschaft durchzieht ohne Halt vor Grenzen zu machen. Der wegspült, was uns gegeneinander aufbringt und voneinander trennt:
Wasser
Fließt ruhig
Durch Städte, Wälder
Schenkt Leben, reinigt uns
Freiheit
Der Strom strahlt eine tiefe Ruhe aus. Auf ihm kann die Seele sich tragen und treiben lassen auch über die Grenzen von Zeit und Raum hinweg: Helene schreibt:
Wasser
Ewige Freiheit
Trägt unsere Seele
Bis in die Unendlichkeit
Friede
Bei Helen ist der Strom selbst zur Ruhe gekommen:
See
Glänzt still
Wie ein Spiegel
Zeigt uns den Frieden
Ruhe
Das Wasserfließt bis ins ewige Leben!
Was sind Ihre Wasser-Gedanken und -gefühle. Wonach sehnst Du Dich? Mit wem wollen Sie das lebendige Wasser teilen?
Ihre und Eure Pastorin Ute Parra
P.S. Hier steht der Gruß zum Sonntag als PDF zum Download bereit!
Gruß zum 2. Sonntag nach Epiphanias am 19. Januar 2025
von Propst Faehling
Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater und dem Herrn, Jesus Christus. Amen.
Röm 12, 9-16
9 Die Liebe sei ohne Falsch. Hasst das Böse, hängt dem Guten an. 10 Die brüderliche Liebe untereinander sei herzlich. Einer komme dem andern mit Ehrerbietung zuvor. 11 Seid nicht träge in dem, was ihr tun sollt. Seid brennend im Geist. Dient dem Herrn. 12 Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet. 13 Nehmt euch der Nöte der Heiligen an. Übt Gastfreundschaft. 14 Segnet, die euch verfolgen; segnet, und verflucht sie nicht. 15 Freut euch mit den Fröhlichen, weint mit den Weinenden. 16 Seid eines Sinnes untereinander. Trachtet nicht nach hohen Dingen, sondern haltet euch zu den niedrigen. Haltet euch nicht selbst für klug.
„Haltet euch nicht selbst für klug.“
Es gibt so eine Gruppe von Menschen, liebe Gemeinde, die ist in der Gesellschaft für mein Erleben sehr verbreitet. Und zwar sind das Menschen, die bei jeweiliger Gelegenheit betonen, dass sie ja alles richtig gemacht haben.
Diese Menschen gibt es in der Kirche und in der Politik, die gibt es ortsnah und bundes- und weltpolitisch, die gibt es in Beziehungen und Familien.
Ich weiß gar nicht, was Du willst, ich habe doch alles richtig gemacht. In der Politik finde ich das gerade besonders dramatisch. Zu Recht hat Herr Lindner den Ausstieg aus der Koalition vorbereitet, zu Recht hat der Kanzler ihn entlassen, zu Recht will Friedrich Merz den Aufstieg kleiner Paschas verhindern, zu Recht will Frau Weidel die Windräder niederreißen, zu Recht will Frau Wagenknecht Russland nicht mehr sanktionieren und den Grünen fällt auch noch etwas ein.
Am vergangenen Sonntag hat im ARD Presseclub ein österreichischer Journalist den derzeitigen Wiener Oberbürgermeister zitiert, der nichts beteuerte, was er zu Recht gemacht hatte, sondern stattdessen den Menschen und sogar den politischen Gegnern zugehört hatte, und daraufhin das, was er für berechtigte Kritik an seiner Politik wahrnahm, in Veränderungen umgesetzt hat. Das Ergebnis war eine große Zufriedenheit in der Stadt.
Denn, wer sind wir denn, dass wir nicht immer noch anderen zuhören und von ihnen lernen müssten; und übrigens vielleicht am ehesten von unseren Widersachern, Gegnern, Streitbeteiligten; mehr oft, als von denen jedenfalls, die sowieso unserer Meinung sind oder uns gar nach dem Mund reden.
Und wer sind denn unsere Führenden, dass sie meinen, 20 bis 30% der wählenden Bevölkerung mit ihrer Meinung in die Ecke stellen zu können nach dem Motto, wir sind die Klügeren.
Ja, selbst wenn, hört doch den vermeintlich Unklugen zu und zwar möglichst so lange, bis ihr sie verstanden habt und dann noch einmal so lange redet mit ihnen, bis sie euch verstehen.
Nur damit das klar ist – ich habe das schon öfter gesagt: Ums Zuhören und Verstehen geht es mir, nicht um Verständnis haben oder gar in laxer Art tolerieren.
Und damit auch das klar ist: Die AfD ist für mich eine absolut unwählbare Partei. Wir dürfen nicht zulassen, dass Antisemitismus, Menschenverachtung und ein absolut crudes Welt- und Wertebild in unserem Land an die Macht kommt. Aber die Menschen, die diesen Rattenfängern nachlaufen, die will ich doch nicht aufgeben. Denen will ich nachlaufen, sie hören, sie überzeugen, sie zurückgewinnen. Und das noch nicht einmal aus politischen Erwägungen, um der Macht willen, sondern von dem her, was immer so leicht als christliches Menschenbild behauptet wird.
Christliches Menschenbild ist gar nicht leicht, aber es ist wichtig. Und übrigens, wie wir an diesem Text sehen können, christliches Menschenbild geht nicht davon aus, dass wir Christinnen immer alles richtig machen.
Christliches Menschenbild gründet sich auf Texte wie den von Paulus, der heute unser Predigttext ist.
Eure Liebe sei ohne Falsch. Hasst das Böse, hängt dem Guten an. Einer komme dem anderen in Ehrerbietung zuvor. Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet. Übt Gastfreundschaft. Freut euch mit den Fröhlichen, weint mit den Weinenden.
Und!
Haltet euch nicht selbst für klug.
Gott hat eine unverbrüchliche Liebesbeziehung zu jedem Menschen – auch zu den Verlorenen, den Verbockten, den Fehlerbehafteten, zu allen.
Das ist keine süße Liebe, die die Fehler zudeckt.
Das ist eine unverlierbare Liebe, die niemanden aufgibt.
Und vor allem ist es eine Liebe, die nicht besserwisserisch ist.
Es ist in alledem eine mühsame, eine herausfordernde Liebe. Sie liebt nicht, was und wo es leicht ist, sondern sie liebt bis in die Abgründe und in das Schreckliche.
Und für Abgründe und Schreckliches brauche wir gar nicht nur in den politischen Verhältnissen zu suchen. Da finden wir schon genug im Zwischenmenschlichen. Was geschieht nicht alles z.B. in Beziehungen und Familien, weil dort Menschen mit ihren eigenen oft komplizierten Vorgeschichten auf die stoßen, denen ebenfalls Schweres widerfahren ist. Wie oft zerstreiten sich Paare und Familien und Generationen, die eigentlich in Liebe verbunden waren und vielleicht noch sind, weil sie sich an der Vorderseite, am Sichtbaren ihrer Persönlichkeit mit Dingen begegnen, die unerträglich sind.
Wir bilden im Leben Masken aus, Fassaden. Und wenn wir uns dann an unseren jeweiligen Fassaden begegnen, reagieren wir darauf, als stünden wir dem wirklichen Menschen gegenüber.
Auf einen mürrischen Menschen z.B. reagieren wir, als sei er wirklich mürrisch. Wir versuchen oft gar nicht zu verstehen, was ihn grundsätzlich oder auch nur gerade jetzt zu einem Mürrischen geformt hat.
Noch einmal: Verstehen heißt nicht Verständnis haben. Ich muss seine Mürrischkeit nicht weglachen, oder immer ertragen. Aber vielleicht könnte ich fragen: … und was hat dich so mürrisch gemacht?
Ebenso geht es uns oft mit den Wütenden, Streitenden, Vorwerfenden. Wir reagieren schnell auf Wut, Streit und Vorwurf und fragen nicht, ob wir überhaupt richtig verstanden haben, fragen nicht nach dem Herkommen von Zorn, Streitlust und Schuldzuweisung. Wie oft aber gäbe es viel zu erfahren und zu verstehen.
Einer komme dem anderen in Ehrerbietung zuvor.
Ich glaube, Paulus spricht von einer Haltung, die mein Gegenüber nicht in Ecken stellt oder auf seine und ihre Fassaden reagiert. Paulus fordert mehr als nur Höflichkeit. Mit Tür aufhalten und Koffertragen und in den Mantel helfen ist es nicht getan.
Stattdessen braucht es Geduld, Interesse am Anderen und die Bereitschaft auch die für möglicherweise klug zu halten, deren Auftreten nervt, deren Meinung zunächst unmöglich vorkommt und deren Anwesenheit uns stört und hindert.
Folgen wir den Ideen des Paulus werden wir keine meinungslosen Weichspüler, keine allesliebenden Gutmenschen. Stattdessen werden wir tiefgründige, empathische und liebevoll am Gegenüber Interessierte, die das Motiv antreibt, die Herausforderungen des Lebens mit möglichst vielen anderen gemeinsam zu lösen. Und gemeinsam ist hier wiederum auch nicht als Inbegriff von Harmonie gemeint. Ich würde es eher Schwarmintelligenz nennen. Ich bin jedenfalls nie so klug, als das ich nicht von anderen noch lernen könnte.
Wer weiß, was geschieht, wenn wir das wie eine liebevolle – ein letztes Mal zitiere ich Paulus – Einladung in uns tragen.
Und dabei vor allem selbst zuhören.
Haltet euch nicht selbst für klug.
Amen.
P.S. Hier steht der Gruß zum Sonntag als PDF zum Download bereit!
Gruß zum 1. Sonntag nach Epiphanias am 12.01.2025
von Pastorin Karopka
Liebe Gemeinde,
"Es ist ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein Riesensprung für die Menschheit." Das waren am 21. Juli 1969 Armstrongs Worte, als er aus der Mondfähre „Eagle“ auf den Planeten Mond hinabstieg. Die Apollo-11 - Mission war am Ziel. So jedenfalls klingt die legendäre Überlieferung. Ob er es nun 100 % ig so gesagt hat oder nicht, ist am Ende egal. Denn Armstrong hat zusammen gefasst, was wir selbst nicht in dieser Größenordnung, aber doch sehr oft im Leben erleben: Ein Wort, ein Schritt, ein Moment kann alles verändern. Der erste Schultag, das „Ja“ zu unserer Hochzeit, die Unterschrift unter einem Arbeitsvertrag oder das Abholen des 1. Rentenbescheids. Immer wieder sind es kleine Schritte, die zu großen Veränderungen führen können. Und immer ist es gut, wenn uns Menschen dabei Mut zusprechen, wenn wir als Christen Gottes Beistand spüren durften und dürfen. Beides – Zuspruch und Gottes Beistand - brauchten auch die Menschen, die lange vor uns sich den Herausforderungen des Lebens stellen mussten. Am heutigen Sonntag lesen wir solche biblischen Zeilen, in denen Josua diesen Zuspruch brauchte, bevor er den nächsten Schritt gehen konnte. Schließlich trug er nicht nur für sich alleine die Verantwortung, sondern für all die, zu deren Anführer er bestimmt worden war - für das Volk Israel.
Der Predigttext, der für den heutigen Sonntag ausgewählt ist, führt uns gedanklich an den Jordan. Vierzig Jahre, nachdem Gott die Israeliten aus der Sklaverei in Ägypten geführt hat, steht das Volk Israel am Ufer dieses Flusses. Feuerschein und Wolke waren so lange ihr Wegweiser durch die Wüste gewesen. Die Hoffnung auf ein eigenes Land, in dem sie in Frieden und Freiheit leben könnten, hatte sie getragen. Nun endlich haben sie es vor Augen. Kundschafter haben sich heimlich herübergewagt und können Näheres erzählen. Viele sind bei der bisherigen Wanderung durch die Wüste in den 40 Jahren verstorben. Jetzt lagert eine neue Generation am Wasser. Sie kennen das Wunder der Teilung des Schilfmeeres nur aus den Erzählungen der Alten.
Und nun? Der nächste Schritt steht unmittelbar bevor. So wird er uns im 3. Kapitel des Buches Josua in den Versen 5-11 und 17 beschrieben (revidierte Lutherübersetzung):
Und Josua sprach zum Volk: Heiligt euch, denn morgen wird der HERR Wunder unter euch tun. Und Josua sprach zu den Priestern: Hebt die Bundeslade auf und geht vor dem Volk her! Da hoben sie die Bundeslade auf und gingen vor dem Volk her. Und der HERR sprach zu Josua: Heute will ich anfangen, dich groß zu machen vor ganz Israel, damit sie wissen: Wie ich mit Mose gewesen bin, so werde ich auch mit dir sein. Und du gebiete den Priestern, die die Bundeslade tragen, und sprich: Wenn ihr an das Wasser des Jordans herankommt, so bleibt im Jordan stehen. Und Josua sprach zu den Israeliten: Herzu! Hört die Worte des HERRN, eures Gottes! Daran sollt ihr merken, dass ein lebendiger Gott unter euch ist und dass er vor euch vertreiben wird die Kanaaniter, Hetiter, Hiwiter, Perisiter, Girgaschiter, Amoriter und Jebusiter: Siehe, die Lade des Bundes des Herrn der ganzen Erde wird vor euch hergehen in den Jordan. Und die Priester, die die Lade des Bundes des HERRN trugen, standen still im Trockenen mitten im Jordan. Und ganz Israel ging auf trockenem Boden hindurch, bis das ganze Volk über den Jordan gekommen war.
Anders als zu unserer Zeit, in der so vieles in Tagebüchern oder auf Fotos festgehalten wird, hat damals niemand am Ufer des Jordans gestanden und wortgenau die Ereignisse notiert. Von Generation zu Generation wurden sie weitererzählt. Erst Jahrhunderte später wurde aufgeschrieben, was wir heute im biblischen Buch Josua lesen. Dabei war den Redakteuren bei der Zusammenstellung der überlieferten Geschichten und Quellen die Deutung wichtig: Gott selbst schenkt das Land, weil er es versprochen hat. Dass die Landnahme durch die einen eine Vertreibung und Flucht der anderen zur Folge hat, ist für uns heute ein schwieriges Wissen, lässt viele Fragen aufkommen. Aber die Geschichte damals wurde aus den Augen der Israeliten erzählt und geschrieben, die Gott an ihrer Seite sahen.
Und aus damaliger Deutung sollte das Wunder im Vordergrund stehen: Ein neuer Abschnitt der Geschichte Israels kann beginnen, weil Gott selbst sein Wort hält. Das wird anschaulich demonstriert und dem Volk am Jordan vor Augen geführt:
Zunächst bekommen sie den Auftrag, sich auf den Übergang in das neue Leben vorzubereiten. Wie am Berg Sinai, sollen sie sich durch zeremonielle Waschungen heiligen, damit sie für die Begegnung mit Gott bereit sind: Heiligt euch! D.h. Macht euch bereit.
Zum anderen bekommen die Priester den Befehl, die Bundeslade voranzutragen: Dieser kostbare Kasten aus Akazienholz, mit Gold überzogen und mit Engelstatuen als Thronwächtern an allen Ecken ausgestattet, war ein mythischer Kultgegenstand des Volkes Israel. Die Bundeslade symbolisierte als sichtbares Zeichen die Gegenwart Gottes und deutete auf den Bund, den Gott mit uns Menschen eingegangen ist. Laut biblischer Überlieferung waren darin die Zehn Gebote aufbewahrt, von denen das erste mit der Erinnerung an den Auszug beginnt: „Ich bin der HERR, dein Gott, der dich aus Ägyptenland geführt hat, aus der Knechtschaft.“ (5. Mose 5,6) Die Worte, die Mose auf dem Sinai erhalten hat, sollen - in der Bundeslade getragen – vorangehen. Das Wertvollste, was die Israeliten haben, soll beim Zug durch den Jordan am Anfang stehen. Die von den Priestern getragene Gegenwart Gottes wird den Fluss für die Zeit des Durchzugs trockenlegen. Ein neuer Abschnitt der Geschichte Israels kann beginnen, weil Gott selbst mitten unter ihnen ist und sein Wort hält.
Jahrhunderte später steht ein anderer am Ufer des Jordan und wird im Wasser untertauchen. Jesus selbst wollte dort von Johannes getauft werden. Dabei tat sich der Himmel auf und Jesus sah den Geist Gottes wie eine Taube herabfahren und über sich kommen. Am Jordan begann damit für Jesus ein neuer Lebensabschnitt, denn die Szene markiert am Anfang der Evangelien den Beginn seines öffentlichen Auftretens. In ihm sollten Wille und Wort Gottes für uns Menschen buchstäblich Hand und Fuß bekommen. Für viele, die ihm begegneten, mit ihm aßen und tranken, mit ihm redeten und ihm zuhörten, begann dann ebenfalls ein neuer Lebensabschnitt. Sie waren befreit von dem, was sie bisher belastet hatte. Sie fühlten sich auf eine eigene Weise verstanden, aber waren auch herausgefordert, nach seinen Worten zu leben.
Josua und die vielen Israeliten sind mit dem Beistand Gottes in eine neue Welt gezogen. Wunderbare weitere ermutigende Worte aus dem Josuabuch machen das ebenfalls deutlich, z.B. Sei getrost und unverzagt. … Denn der Herr, dein Gott, ist mit dir in allem, was du tun wirst. (Josua 1,9)
Und wir? Auch wir dürfen mit Gottes Beistand, den er uns in Jesus Christus ganz menschlich nahe gebracht hat, durchs Leben ziehen. Führen uns die Schritte nun in eine neue Arbeitsstelle, in ein neues Haus, zu einer uns unbekannten Tür oder zu einem Versöhnungsversuch. Wenn wir in Gottes Sinne gehen, ist seine Begleitung gewiss. Manchmal ist es ein kleiner Schritt für uns, aber trotzdem ein Riesensprung im eigenen Leben. Amen.
P.S. Hier steht der Gruß zum Sonntag als PDF zum Download bereit!
Gruß zum 1. Sonntag nach Epiphanias am 12.01.2025
von Pastorin Karopka
"Es ist ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein Riesensprung für die Menschheit." Das waren am 21. Juli 1969 Armstrongs Worte, als er aus der Mondfähre „Eagle“ auf den Planeten Mond hinabstieg. Die Apollo-11 - Mission war am Ziel. So jedenfalls klingt die legendäre Überlieferung. Ob er es nun 100 % ig so gesagt hat oder nicht, ist am Ende egal. Denn Armstrong hat zusammen gefasst, was wir selbst nicht in dieser Größenordnung, aber doch sehr oft im Leben erleben: Ein Wort, ein Schritt, ein Moment kann alles verändern. Der erste Schultag, das „Ja“ zu unserer Hochzeit, die Unterschrift unter einem Arbeitsvertrag oder das Abholen des 1. Rentenbescheids. Immer wieder sind es kleine Schritte, die zu großen Veränderungen führen können. Und immer ist es gut, wenn uns Menschen dabei Mut zusprechen, wenn wir als Christen Gottes Beistand spüren durften und dürfen. Beides – Zuspruch und Gottes Beistand - brauchten auch die Menschen, die lange vor uns sich den Herausforderungen des Lebens stellen mussten. Am heutigen Sonntag lesen wir solche biblischen Zeilen, in denen Josua diesen Zuspruch brauchte, bevor er den nächsten Schritt gehen konnte. Schließlich trug er nicht nur für sich alleine die Verantwortung, sondern für all die, zu deren Anführer er bestimmt worden war - für das Volk Israel.
Der Predigttext, der für den heutigen Sonntag ausgewählt ist, führt uns gedanklich an den Jordan. Vierzig Jahre, nachdem Gott die Israeliten aus der Sklaverei in Ägypten geführt hat, steht das Volk Israel am Ufer dieses Flusses. Feuerschein und Wolke waren so lange ihr Wegweiser durch die Wüste gewesen. Die Hoffnung auf ein eigenes Land, in dem sie in Frieden und Freiheit leben könnten, hatte sie getragen. Nun endlich haben sie es vor Augen. Kundschafter haben sich heimlich herübergewagt und können Näheres erzählen. Viele sind bei der bisherigen Wanderung durch die Wüste in den 40 Jahren verstorben. Jetzt lagert eine neue Generation am Wasser. Sie kennen das Wunder der Teilung des Schilfmeeres nur aus den Erzählungen der Alten.
Und nun? Der nächste Schritt steht unmittelbar bevor. So wird er uns im 3. Kapitel des Buches Josua in den Versen 5-11 und 17 beschrieben (revidierte Lutherübersetzung):
Und Josua sprach zum Volk: Heiligt euch, denn morgen wird der HERR Wunder unter euch tun. Und Josua sprach zu den Priestern: Hebt die Bundeslade auf und geht vor dem Volk her! Da hoben sie die Bundeslade auf und gingen vor dem Volk her. Und der HERR sprach zu Josua: Heute will ich anfangen, dich groß zu machen vor ganz Israel, damit sie wissen: Wie ich mit Mose gewesen bin, so werde ich auch mit dir sein. Und du gebiete den Priestern, die die Bundeslade tragen, und sprich: Wenn ihr an das Wasser des Jordans herankommt, so bleibt im Jordan stehen. Und Josua sprach zu den Israeliten: Herzu! Hört die Worte des HERRN, eures Gottes! Daran sollt ihr merken, dass ein lebendiger Gott unter euch ist und dass er vor euch vertreiben wird die Kanaaniter, Hetiter, Hiwiter, Perisiter, Girgaschiter, Amoriter und Jebusiter: Siehe, die Lade des Bundes des Herrn der ganzen Erde wird vor euch hergehen in den Jordan. Und die Priester, die die Lade des Bundes des HERRN trugen, standen still im Trockenen mitten im Jordan. Und ganz Israel ging auf trockenem Boden hindurch, bis das ganze Volk über den Jordan gekommen war.
Anders als zu unserer Zeit, in der so vieles in Tagebüchern oder auf Fotos festgehalten wird, hat damals niemand am Ufer des Jordans gestanden und wortgenau die Ereignisse notiert. Von Generation zu Generation wurden sie weitererzählt. Erst Jahrhunderte später wurde aufgeschrieben, was wir heute im biblischen Buch Josua lesen. Dabei war den Redakteuren bei der Zusammenstellung der überlieferten Geschichten und Quellen die Deutung wichtig: Gott selbst schenkt das Land, weil er es versprochen hat. Dass die Landnahme durch die einen eine Vertreibung und Flucht der anderen zur Folge hat, ist für uns heute ein schwieriges Wissen, lässt viele Fragen aufkommen. Aber die Geschichte damals wurde aus den Augen der Israeliten erzählt und geschrieben, die Gott an ihrer Seite sahen.
Und aus damaliger Deutung sollte das Wunder im Vordergrund stehen: Ein neuer Abschnitt der Geschichte Israels kann beginnen, weil Gott selbst sein Wort hält. Das wird anschaulich demonstriert und dem Volk am Jordan vor Augen geführt:
Zunächst bekommen sie den Auftrag, sich auf den Übergang in das neue Leben vorzubereiten. Wie am Berg Sinai, sollen sie sich durch zeremonielle Waschungen heiligen, damit sie für die Begegnung mit Gott bereit sind: Heiligt euch! D.h. Macht euch bereit.
Zum anderen bekommen die Priester den Befehl, die Bundeslade voranzutragen: Dieser kostbare Kasten aus Akazienholz, mit Gold überzogen und mit Engelstatuen als Thronwächtern an allen Ecken ausgestattet, war ein mythischer Kultgegenstand des Volkes Israel. Die Bundeslade symbolisierte als sichtbares Zeichen die Gegenwart Gottes und deutete auf den Bund, den Gott mit uns Menschen eingegangen ist. Laut biblischer Überlieferung waren darin die Zehn Gebote aufbewahrt, von denen das erste mit der Erinnerung an den Auszug beginnt: „Ich bin der HERR, dein Gott, der dich aus Ägyptenland geführt hat, aus der Knechtschaft.“ (5. Mose 5,6) Die Worte, die Mose auf dem Sinai erhalten hat, sollen - in der Bundeslade getragen – vorangehen. Das Wertvollste, was die Israeliten haben, soll beim Zug durch den Jordan am Anfang stehen. Die von den Priestern getragene Gegenwart Gottes wird den Fluss für die Zeit des Durchzugs trockenlegen. Ein neuer Abschnitt der Geschichte Israels kann beginnen, weil Gott selbst mitten unter ihnen ist und sein Wort hält.
Jahrhunderte später steht ein anderer am Ufer des Jordan und wird im Wasser untertauchen. Jesus selbst wollte dort von Johannes getauft werden. Dabei tat sich der Himmel auf und Jesus sah den Geist Gottes wie eine Taube herabfahren und über sich kommen. Am Jordan begann damit für Jesus ein neuer Lebensabschnitt, denn die Szene markiert am Anfang der Evangelien den Beginn seines öffentlichen Auftretens. In ihm sollten Wille und Wort Gottes für uns Menschen buchstäblich Hand und Fuß bekommen. Für viele, die ihm begegneten, mit ihm aßen und tranken, mit ihm redeten und ihm zuhörten, begann dann ebenfalls ein neuer Lebensabschnitt. Sie waren befreit von dem, was sie bisher belastet hatte. Sie fühlten sich auf eine eigene Weise verstanden, aber waren auch herausgefordert, nach seinen Worten zu leben.
Josua und die vielen Israeliten sind mit dem Beistand Gottes in eine neue Welt gezogen. Wunderbare weitere ermutigende Worte aus dem Josuabuch machen das ebenfalls deutlich, z.B. Sei getrost und unverzagt. … Denn der Herr, dein Gott, ist mit dir in allem, was du tun wirst. (Josua 1,9)
Und wir? Auch wir dürfen mit Gottes Beistand, den er uns in Jesus Christus ganz menschlich nahe gebracht hat, durchs Leben ziehen. Führen uns die Schritte nun in eine neue Arbeitsstelle, in ein neues Haus, zu einer uns unbekannten Tür oder zu einem Versöhnungsversuch. Wenn wir in Gottes Sinne gehen, ist seine Begleitung gewiss. Manchmal ist es ein kleiner Schritt für uns, aber trotzdem ein Riesensprung im eigenen Leben. Amen.
P.S. Hier steht der Gruß zum Sonntag als PDF zum Download bereit!
Gruß zum 2. Sonntag nach dem Christfest am 05.01.2025
von Pastorin Pfeifer
Liebe Gemeinde,
„Das Leben ist erschienen, und wir haben gesehen und bezeugen und verkündigen euch das Leben, das ewig ist, das beim Vater war und uns erschienen ist“ (1. Joh 1,2), so heißt es in der Epistel für den heutigen Sonntag. Gott mitten in der Welt – Das Leben ist erschienen. Das Leben selbst in Gestalt eines neuen, zerbrechlichen, kleinen Lebens: Ein Säugling.
Der alte Simeon, der im Tempel so lange schon auf die Ankunft des Retters wartet, spürt: Das ist er. Das ist das Leben! Er selbst trägt das Leben auf seinem Arm – für einen beglückenden Moment. Seine Augen haben den Heiland gesehen. Nun kann er in Frieden sterben. (Lk 2,29f).
Simeon weiß von den Schrecken, die der jungen Familie noch bevorstehen und er erzählt von den seelischen Verletzungen, die sie erleiden werden. Aber er segnet sie auch. Das alles muss geschehen – für die Menschen, für das Leben.
Will Gott das Leid? Gehört es zu seinem Plan? Von verschiedenen Gemeindemitgliedern habe ich dies Weihnachten gehört, dass die Ereignisse in der Welt ihre Weihnachtfreude getrübt haben: Zerbombte Wohn- und Krankenhäuser in der Ukraine und im Gaza. Zivilbevölkerung als menschliche Schutzschilde der Hamas. Mehr als 3000 nordkoreanische Söldner im Krieg Russlands gegen die Ukraine schwer verletzt und gestorben, weil sie mit mangelhafter Ausrüstung an die Front geschickt worden. Kanonenfutter. Und auch ganz nah: Das Attentat auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg.
Es ist entsetzlich, was Menschen einander antun. Wo ist der Frieden auf Erden, von dem die Engel den Hirten auf dem Feld gesungen haben? Gott selbst – das Leben - mit all seiner Herrlichkeit, soll die Welt erlöst haben? Wo wird das denn sichtbar?
Der Evangelist Matthäus berichtet in unserem heutigen Predigttext auch von einer schrecklichen Gewalttat:
„Als die Sterndeuter aber hinweggezogen waren, siehe, da erschien der Engel des Herrn dem Josef im Traum und sprach: Steh auf, nimm das Kindlein und seine Mutter mit dir und flieh nach Ägypten und bleib dort, bis ich dir’s sage; denn Herodes hat vor, das Kindlein zu suchen, um es umzubringen.
Da stand er auf und nahm das Kindlein und seine Mutter mit sich bei Nacht und entwich nach Ägypten und blieb dort bis nach dem Tod des Herodes, auf dass erfüllt würde, was der Herr durch den Propheten gesagt hat, der da spricht (Hos 11,1): »Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen.«
Als Herodes nun sah, dass er von den Weisen betrogen war, wurde er sehr zornig und schickte aus und ließ alle Knaben in Bethlehem töten und in der ganzen Gegend, die zweijährig und darunter waren, nach der Zeit, die er von den Weisen genau erkundet hatte. Da wurde erfüllt, was gesagt ist durch den Propheten Jeremia, der da spricht (Jer 31,15): »In Rama hat man ein Geschrei gehört, viel Weinen und Wehklagen; Rahel beweinte ihre Kinder und wollte sich nicht trösten lassen, denn es war aus mit ihnen.«“
Bis heute gedenkt man am 28.12., dem Tag der unschuldigen Kinder, der Opfer dieser grausamen Tat. Warum hat Gott das geschehen lassen? Warum hat er nur Josef im Traum gewarnt, nur sein Kind in Sicherheit gebracht, obwohl er seine Engel doch gerade vom Frieden für alle Menschen singen lassen hatte?
Der Evangelist Matthäus hätte vielleicht geantwortet: Weil das Kind seine Aufgabe noch nicht erfüllt hatte. Gott hat einen Plan für diese Welt, der mit der Grausamkeit und Brutalität der Menschen rechnet und seine geliebten Geschöpfe dennoch nicht aufgibt. Vielmehr setzt Gott sich selbst ihrem Hass und ihrer Gewalt aus. Am Ende stirbt er den Verbrechertod am Kreuz. Das Leben - von der Welt getötet – besiegt den Tod.
Aber bis dahin muss noch einiges geschehen. Unter anderem auch dies: Joseph, Marias Mann, muss seinen Träumen vertrauen. Muss glauben, dass das Kind Gottes Sohn ist, muss Verantwortung für das Kind übernehmen und Gott, der sich ihm nun so schutzlos anvertraut, beschützen. Muss das Kind in Sicherheit bringen, damit es groß werden und die Menschen durch seine Worte und Taten zu Glaube, Hoffnung, Liebe und Frieden anstiften kann.
Kann Gott nicht eingreifen? Will er nicht? Vielleicht muss es so sein, dass Gott die Zukunft des Lebens in dieser Welt in unsere Hände legt. Dass wir unseren Träumen und Hoffnungen vertrauen und uns auf den Weg in eine ungewisse Zukunft machen allein im Glauben an Gottes Wort, die Verheißung der Engel, die am Ende doch wahr werden soll: Frieden auf Erden – Grund zur Freude für alle Menschen.
So kurz nach der Geburt ist das Leben noch besonders schwach und schutzbedürftig, muss auf dem Arm getragen werden, einen weiten Weg lang ganz bis nach Ägypten, weil es in Bethlehem nicht mehr sicher ist. Weil Menschen es auslöschen wollen. Ich denke an das Friedenslicht, das in diesem Jahr wegen des Krieges im Nahen Osten nicht zu Weihnachten aus Bethlehem bis hier nach Preetz getragen werden konnten. Es kam aus Österreich, wo die Pfadfinder es das Jahr über eingelagert und beschützt hatten.
Gott will das Leid nicht, davon bin ich überzeugt. Gott will nicht die Grausamkeiten, die Menschen einander antun, wollte auch nicht das, was Herodes den unschuldigen Kindern damals angetan hat. Gott weint mit Rahel um diese Kinder und um die Kinder, die heute im Mittelmehr ertrinken, um die nordkoreanischen Soldaten und die verschleppten Israelis. Und er wusste sich keinen anderen Rat, als sich alldem selbst auszusetzen.
„Er äußert sich all seiner G´walt, wird niedrig und gering und nimmt an eines Knechts Gestalt, der Schöpfer aller Ding“ (EG 27.3), so heißt es in einem Weihnachtslied.
Diese Welt ist ein Ort, an dem das Leben immer noch unendlich zerbrechlich und schutzbedürftig ist und wir uns immer wieder ohnmächtig fühlen, wenn vor unseren Augen mutwillig Leben zerstört statt behutsam auf den Armen getragen wird oder wir sogar spüren, dass wir zumindest indirekt daran beteiligt sind, dass andere leiden.
Aber diese Welt ist auch ein Ort, an dem wir immer wieder Gelegenheit bekommen, für das Leben einzutreten und es zu bewahren, es schützend im Arm zu halten, wie Simeon zu segnen, wie Josef den eigenen Träumen zu trauen und Verantwortung zu übernehmen.
Diese Welt ist ein Ort, an dem wir uns dem Leben schenken dürfen, das sich an Weihnachten uns geschenkt hat.
Ihre und Eure Pastorin Ute Parra
P.S. Hier steht der Gruß zum Sonntag als PDF zum Download bereit!
Gruß zum 1. Sonntag nach dem Christfest am 29.12.2024
von Pastorin Parra
Liebe Gemeinde,
„Das Leben ist erschienen, und wir haben gesehen und bezeugen und verkündigen euch das Leben, das ewig ist, das beim Vater war und uns erschienen ist“ (1. Joh 1,2), so heißt es in der Epistel für den heutigen Sonntag. Gott mitten in der Welt – Das Leben ist erschienen. Das Leben selbst in Gestalt eines neuen, zerbrechlichen, kleinen Lebens: Ein Säugling.
Der alte Simeon, der im Tempel so lange schon auf die Ankunft des Retters wartet, spürt: Das ist er. Das ist das Leben! Er selbst trägt das Leben auf seinem Arm – für einen beglückenden Moment. Seine Augen haben den Heiland gesehen. Nun kann er in Frieden sterben. (Lk 2,29f).
Simeon weiß von den Schrecken, die der jungen Familie noch bevorstehen und er erzählt von den seelischen Verletzungen, die sie erleiden werden. Aber er segnet sie auch. Das alles muss geschehen – für die Menschen, für das Leben.
Will Gott das Leid? Gehört es zu seinem Plan? Von verschiedenen Gemeindemitgliedern habe ich dies Weihnachten gehört, dass die Ereignisse in der Welt ihre Weihnachtfreude getrübt haben: Zerbombte Wohn- und Krankenhäuser in der Ukraine und im Gaza. Zivilbevölkerung als menschliche Schutzschilde der Hamas. Mehr als 3000 nordkoreanische Söldner im Krieg Russlands gegen die Ukraine schwer verletzt und gestorben, weil sie mit mangelhafter Ausrüstung an die Front geschickt worden. Kanonenfutter. Und auch ganz nah: Das Attentat auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg.
Es ist entsetzlich, was Menschen einander antun. Wo ist der Frieden auf Erden, von dem die Engel den Hirten auf dem Feld gesungen haben? Gott selbst – das Leben - mit all seiner Herrlichkeit, soll die Welt erlöst haben? Wo wird das denn sichtbar?
Der Evangelist Matthäus berichtet in unserem heutigen Predigttext auch von einer schrecklichen Gewalttat:
„Als die Sterndeuter aber hinweggezogen waren, siehe, da erschien der Engel des Herrn dem Josef im Traum und sprach: Steh auf, nimm das Kindlein und seine Mutter mit dir und flieh nach Ägypten und bleib dort, bis ich dir’s sage; denn Herodes hat vor, das Kindlein zu suchen, um es umzubringen.
Da stand er auf und nahm das Kindlein und seine Mutter mit sich bei Nacht und entwich nach Ägypten und blieb dort bis nach dem Tod des Herodes, auf dass erfüllt würde, was der Herr durch den Propheten gesagt hat, der da spricht (Hos 11,1): »Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen.«
Als Herodes nun sah, dass er von den Weisen betrogen war, wurde er sehr zornig und schickte aus und ließ alle Knaben in Bethlehem töten und in der ganzen Gegend, die zweijährig und darunter waren, nach der Zeit, die er von den Weisen genau erkundet hatte. Da wurde erfüllt, was gesagt ist durch den Propheten Jeremia, der da spricht (Jer 31,15): »In Rama hat man ein Geschrei gehört, viel Weinen und Wehklagen; Rahel beweinte ihre Kinder und wollte sich nicht trösten lassen, denn es war aus mit ihnen.«“
Bis heute gedenkt man am 28.12., dem Tag der unschuldigen Kinder, der Opfer dieser grausamen Tat. Warum hat Gott das geschehen lassen? Warum hat er nur Josef im Traum gewarnt, nur sein Kind in Sicherheit gebracht, obwohl er seine Engel doch gerade vom Frieden für alle Menschen singen lassen hatte?
Der Evangelist Matthäus hätte vielleicht geantwortet: Weil das Kind seine Aufgabe noch nicht erfüllt hatte. Gott hat einen Plan für diese Welt, der mit der Grausamkeit und Brutalität der Menschen rechnet und seine geliebten Geschöpfe dennoch nicht aufgibt. Vielmehr setzt Gott sich selbst ihrem Hass und ihrer Gewalt aus. Am Ende stirbt er den Verbrechertod am Kreuz. Das Leben - von der Welt getötet – besiegt den Tod.
Aber bis dahin muss noch einiges geschehen. Unter anderem auch dies: Joseph, Marias Mann, muss seinen Träumen vertrauen. Muss glauben, dass das Kind Gottes Sohn ist, muss Verantwortung für das Kind übernehmen und Gott, der sich ihm nun so schutzlos anvertraut, beschützen. Muss das Kind in Sicherheit bringen, damit es groß werden und die Menschen durch seine Worte und Taten zu Glaube, Hoffnung, Liebe und Frieden anstiften kann.
Kann Gott nicht eingreifen? Will er nicht? Vielleicht muss es so sein, dass Gott die Zukunft des Lebens in dieser Welt in unsere Hände legt. Dass wir unseren Träumen und Hoffnungen vertrauen und uns auf den Weg in eine ungewisse Zukunft machen allein im Glauben an Gottes Wort, die Verheißung der Engel, die am Ende doch wahr werden soll: Frieden auf Erden – Grund zur Freude für alle Menschen.
So kurz nach der Geburt ist das Leben noch besonders schwach und schutzbedürftig, muss auf dem Arm getragen werden, einen weiten Weg lang ganz bis nach Ägypten, weil es in Bethlehem nicht mehr sicher ist. Weil Menschen es auslöschen wollen. Ich denke an das Friedenslicht, das in diesem Jahr wegen des Krieges im Nahen Osten nicht zu Weihnachten aus Bethlehem bis hier nach Preetz getragen werden konnten. Es kam aus Österreich, wo die Pfadfinder es das Jahr über eingelagert und beschützt hatten.
Gott will das Leid nicht, davon bin ich überzeugt. Gott will nicht die Grausamkeiten, die Menschen einander antun, wollte auch nicht das, was Herodes den unschuldigen Kindern damals angetan hat. Gott weint mit Rahel um diese Kinder und um die Kinder, die heute im Mittelmehr ertrinken, um die nordkoreanischen Soldaten und die verschleppten Israelis. Und er wusste sich keinen anderen Rat, als sich alldem selbst auszusetzen.
„Er äußert sich all seiner G´walt, wird niedrig und gering und nimmt an eines Knechts Gestalt, der Schöpfer aller Ding“ (EG 27.3), so heißt es in einem Weihnachtslied.
Diese Welt ist ein Ort, an dem das Leben immer noch unendlich zerbrechlich und schutzbedürftig ist und wir uns immer wieder ohnmächtig fühlen, wenn vor unseren Augen mutwillig Leben zerstört statt behutsam auf den Armen getragen wird oder wir sogar spüren, dass wir zumindest indirekt daran beteiligt sind, dass andere leiden.
Aber diese Welt ist auch ein Ort, an dem wir immer wieder Gelegenheit bekommen, für das Leben einzutreten und es zu bewahren, es schützend im Arm zu halten, wie Simeon zu segnen, wie Josef den eigenen Träumen zu trauen und Verantwortung zu übernehmen.
Diese Welt ist ein Ort, an dem wir uns dem Leben schenken dürfen, das sich an Weihnachten uns geschenkt hat.
Ihre und Eure Pastorin Ute Parra
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Gruß zum 4. Advent am 22. Dezember 2024
von Pastorin Karopka
mit Maria sind wir heute auf dem Weg – mit dieser jungen Frau, auserwählt von Gott für eine große Aufgabe. Ein Engel Gottes war in ihr Leben getreten mit den Worten: »Sei gegrüßt, Maria! Der Herr ist mit dir! Er hat dich unter allen Frauen auserwählt. Du wirst schwanger werden und einen Sohn zur Welt bringen. Jesus soll er heißen. Er wird mächtig sein, und man wird ihn Sohn des Höchsten nennen. Gott, der Herr, wird ihm die Königsherrschaft seines Stammvaters David übergeben, und er wird die Nachkommen von Jakob für immer regieren.“
Bald danach machte sich Maria auf den Weg ins Bergland von Judäa und eilte so schnell wie möglich in die Stadt, in der Elisabeth und ihr Mann Zacharias wohnten. Sie betrat das Haus und begrüßte Elisabeth. Als Elisabeth Marias Stimme hörte, bewegte sich das Kind lebhaft in ihr. Da wurde sie mit dem Heiligen Geist erfüllt und rief laut: »Dich hat Gott gesegnet, mehr als alle anderen Frauen, und gesegnet ist das Kind, das in dir heranwächst! Womit habe ich verdient, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? Denn kaum hörte ich deine Stimme, da hüpfte das Kind in mir vor Freude. Wie glücklich kannst du dich schätzen, weil du geglaubt hast! Was der Herr dir angekündigt hat, wird geschehen.«
Da begann Maria, Gott zu loben: »Von ganzem Herzen preise ich den Herrn. Ich freue mich über Gott, meinen Retter. Mir, seiner Dienerin, hat er Beachtung geschenkt, und das, obwohl ich gering und unbedeutend bin. Von jetzt an und zu allen Zeiten wird man mich glücklich preisen, denn Gott hat große Dinge an mir getan, er, der mächtig und heilig ist! Seine Barmherzigkeit bleibt für immer und ewig, sie gilt allen Menschen, die in Ehrfurcht vor ihm leben. Er streckt seinen starken Arm aus und fegt die Hochmütigen mit ihren stolzen Plänen hinweg. Er stürzt Herrscher von ihrem Thron, Unterdrückte aber richtet er auf. Die Hungrigen beschenkt er mit Gütern, und die Reichen schickt er mit leeren Händen weg. Seine Barmherzigkeit hat er uns, seinen Dienern, zugesagt, ja, er wird seinem Volk Israel helfen. Er hat es unseren Vorfahren versprochen, Abraham und seinen Nachkommen hat er es für immer zugesagt.« Maria blieb etwa drei Monate bei Elisabeth und kehrte dann nach Hause zurück.
Was für wunderbare Botschaften hören wir in diesem Text! Als Maria zu der schwangeren Elisabeth kommt, bewegt sich das Kind lebhaft in ihrem Körper. Schöner und poetischer lässt sich nicht sagen, dass Jesus mit seiner Botschaft die Menschen in Bewegung bringen wird! Noch ist er nicht geboren, aber schon jetzt wird durch Maria diese Zukunft ausgestrahlt. Und Elisabeth, die Johannes den Täufer zur Welt bringen wird und in jenem Moment vom Heiligen Geist erfüllt wurde, preist ihre schwangere Cousine, weil diese »die Mutter des Herrn« ist. Maria nimmt es im Glauben an und lässt sich segnen.
Dann beginnt Maria ihren Lobgesang. Von ganzem Herzen preise ich den Herrn. Ich freue mich über Gott, meinen Retter. Mir, seiner Dienerin, hat er Beachtung geschenkt. Sie fühlt sich von Gott gesehen – das lässt ihr Herz weit werden. Magnificat – so heißen diese biblischen Zeilen in der Tradition. Durch die Zeiten hinweg gebetet und gesungen. Ein Klang der Leichtigkeit, ein Klang, der uns verspricht – bei Gott ist vieles möglich. Ein Klang der Freude, der Maria bei allem, was kommt, begleiten wird und uns die Tür zum Weihnachtsfest öffnet.
Seine Barmherzigkeit bleibt für immer und ewig, sie gilt allen Menschen, die in Ehrfurcht vor ihm leben. Das jubelt Maria heraus – bald wird sie mitbekommen, dass sie ihr Kind teilen muss mit vielen anderen. Bald wird sie merken, dass sie ihren Sohn viel früher als andere Mütter loslassen muss, weil Gott mit ihm Großes vorhat. Schon mit 12 Jahren wird Jesus mit anderen Rabbinern im Tempel diskutieren und nicht mehr mit seinen Eltern mitgehen. Später gibt er anderen eine Heimat und einen Neuanfang, neben seiner leiblichen Familie werden viele andere seine Familie sein.
Ja, Maria ist gesegnet mit einer großen Aufgabe, die aber auch mit einer Auf-gabe verbunden ist. Schon gleich nach der Geburt merkt sie durch die Hirten und Weisen, die sich zu ihr auf den Weg gemacht haben, dass für sie als Mutter Jesu alles anders sein wird als bei anderen.
Und trotzdem – sie hält an ihrem Lob fest – und jubelt weiter: Gott hat große Dinge an mir getan, er, der mächtig und heilig ist!
Er stürzt Herrscher von ihrem Thron, Unterdrückte aber richtet er auf. Die Hungrigen beschenkt er mit Gütern, und die Reichen schickt er mit leeren Händen weg.
Der Lobgesang der Maria wird damit zu einem »Gegen-Bild« von dem, was wir erleben. Der Text malt eine bildhafte Vision und bringt Kritik an den Machtstrukturen der Gesellschaft zur Sprache. Wir selbst werden herausgefordert, uns Gedanken zu machen, wie Leben und auch Macht gestaltet werden können, die sich auch an den Ärmsten der Armen, an den Kleinsten der Kleinen orientiert.
Oft wünsche ich mir, dass ich schon heute mehr sehe von diesem ausgestreckten Arm Gottes, von seiner Möglichkeit, Herrschende vom Thron zu stürzen, die nur Spuren von Leid und Vernichtung hinterlassen. In meinen Gebeten wird aus diesen Bitten fast eine Forderung – es könnte noch mehr geschehen zum Heil von Menschen, manchmal aber kommt doch mitten in meine Erwartung hinein schon Gottes Schein.
In der Advents – und Weihnachtszeit ist unsere Sehnsucht nach einer heilen Welt besonders stark. Sie wird in die Zimmer und auf die Straßen mit all den Lichtern, Engelchen, mit unseren Liedern und Feiern geholt. Sehnsucht nach Heil. Das kannte auch Maria.
Sie hatte alles andere als ein einfaches Leben, die Geburt im Stall steht symbolisch dafür. Aber sie hat ihr Vertrauen in Gottes Wirken nicht verloren – und steckt uns mit ihrem Jubel, mit ihrer Dankbarkeit, mit ihrer Hoffnung bis heute an. Amen.
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Gruß zum 3. Advent 2024 am 15.12.2024
von Propst Faehling
Liebe Gemeinde,
Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater und dem Herrn, Jesus Christus. Amen.
3. Advent, unsere kindliche Seele freut sich vielleicht schon darauf, dass in neun Tagen Weihnachten wird?!
Ein Fest, dass immer wieder einen großen Zauber entfaltet. Ja, ich weiß, sofort fallen uns auch Stress und Kommerz ein; in der vergangenen Woche beklagte wieder eine Mutter, dass sie ihre Familie nicht von Gänsebraten und Rotkohl abbringen kann und wieviel Zeit das am Herd für sie bedeutet.
Und natürlich weiß ich um die Brüchigkeit der Festtagsstimmung und die oft unerfüllbar hohen Erwartungen.
Und doch, wenn wir mal die kleinen Geschichten auf dem Weg anschauen, finden wir kleine schön geschmückte Geschäfte, freundliche Gesten; wie mir jemand, ohne den Namen zu hinterlassen, einen Adventsgruß an die Tür hängt. Verabredungen zum Bummel, einen leckeren Glühwein, ein Adventsmarkt, den wir jedes Jahr besuchen – alles freundliche Stationen auf dem Weg.
Dazu vielleicht ein Adventskalender in der Küche und ein Adventskranz, liebevoll geschmückt. Kleine Bewegungen, kleine Gesten. Und dabei, auch wenn es kalt und regnerisch ist, das sichere Wissen, in sieben Tagen werden die Tage langsam wieder länger und heller, und der nächste Frühling kommt bestimmt.
Advent, Ankunft, gemischte Geühle. Und Warten, noch nicht am Ziel sein – das alles braucht Geduld.
Von Geduld unter besonderen Bedingungen erzählt heute der Predigttext.
Hören wir einmal zu, was Paulus damals an die Menschen in Rom aufschrieb zu Geduld und ihren möglichen guten Ausblick:
Röm 15, 4-13
4Denn was zuvor geschrieben ist, das ist uns zur Lehre geschrieben, damit wir durch Geduld und den Trost der Schrift Hoffnung haben. 5Der Gott aber der Geduld und des Trostes gebe euch, dass ihr einträchtig gesinnt seid untereinander, wie es Christus Jesus entspricht, 6damit ihr einmütig mit einem Munde Gott lobt, den Vater unseres Herrn Jesus Christus.
7Darum nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Ehre. … 13Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben, dass ihr immer reicher werdet an Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes.
Geduld höre ich hier wie eine Art Zugangscode zur Hoffnung. Diese Bibelstelle erzählt uns, wie Freude und Frieden im Glauben wachsen und eine sich anreichende Hoffnung aufkommt. Gottes Geist, sein sogenannter Heiliger Geist bewirkt das.
Mit Geduld beginnt es, in Lebensmut mündet es.
Das klingt harmlos. Fast könnte man zur Tagesordnung übergehen und sagen: Gute Nachricht, aber eher für Insider, nicht Welt-bewegend.
Und doch sind aber so viele Menschen jeden Tag beschäftigt und beunruhigt und fragen nach genau solchen guten Nachrichten. Wir leben in einer Zeit, in der sich Krise an Krise reiht.
Ja, dann gibt es die frohe Nachricht vom Ende des Assad-Regimes mit seinen schrecklichen Folterkellern. Aber ohne recht auf die Freude der Menschen überall auf der Welt einzugehen, legt sich sofort der kurze deutsche Wahlkampf quer über dieses Thema und vereinnahmt es für sich und für den Überbietungswettkampf, wer möglichst schnell möglichst viele Ausländer zur Ausreise bewegt – in diesem Fall syrische Menschen, von denen sich viele so hervorragend in unsere Gesellschaft einbringen als Handwerker, Pflegende und Ärzte.
Und neben diesem Thema bewegen uns jeden Tag in den Nachrichten der dritte Kriegswinter in der Ukraine, der Kampf zwischen Israel und seinen Anrainern, die Krise der deutschen Auto- und Maschinenbauer, das ungelöste Klimathema und ganz bisschen auch, dass die Kieler Fußball-Störche nicht gewinnen können.
Aber den kleinen Spaß schnell wieder beiseite: Advent, Geduld, Freude, Hoffnung, die sich auf biblische Zusagen beruft, haben in dieser Zeit eine sehr leise Stimme. Sie sind wie das Nischenprogramm derer, die schon überzeugt sind.
Dabei war hier einmal der Gedanke des Trostes groß und grundsätzlich verankert. Gott ist im Ursprung nicht das Kulturprogramm einer Minderheit, sondern trägt in sich die Idee eines weltrettenden Gedanken.
Was aber sind am Advent und der Geduld, von der Paulus spricht, weltrettend?
Ich denke, weltrettend ist tatsächlich die Idee einer Wahrheit, die außerhalb menschlichen Zugriffs in völliger Zugewandtheit zu den Menschen da ist. In Gott liegt verborgen und doch für jede und jeden erreichbar etwas, das uns erlösen kann.
Und so seltsam es klingt: Gerade in der Verborgenheit liegt die Wirkkraft. Es wirkt paradox, aber je größer ein Problem ist, das wir haben, umso weiter weg wohnt in der Regel der Mensch, der uns das lösen hilft. Mit Freunden leben wir. Rettung erwarten wir eher von Fremden. Dieses Prinzip kann man auch auf Gott übertragen. Unsere Welt ist zu klein, um Gott zu fassen. So hat er umgekehrt eine Größe, die unsere Probleme übersteigt.
Und den Zugang zu diesem Gott zu finden, braucht auch einen Weg, den wir zurücklegen; auf dem wir loslassen, uns selbst ein Stück verlassen, bereit sind, größer zu denken, bereit sind, uns für Fremdes zu öffnen.
Und es braucht Geduld.
Am Ende dieser Geduld könnten wir Halt finden, im Außen, im Fremden Halt - und sich daraus ergebend oft auch Haltung.
Menschen, die solche Wege wagen, können dabei reifen, in einen Modus des Findens nächster Schritte kommen, den Dingen des Lebens - insbesondere den schweren - gelassener begegnen.
Geduld, in den Kindheitstagen meist ein nicht so beliebtes Wort, bedeutet für uns erwachsene Menschen im Zusammenhang mit ruhigem Atem, Nachdenklichkeit, Umsichtigkeit und der Bereitschaft, länger zuzuhören und langsamer im Urteilen zu sein, in der Regel nicht nur ein klügeres Hinschauen, sondern auch eine intensivere Wahrnehmung des Lebens mit all seinen Möglichkeiten.
Am Ende des Tages werden die Probleme der Welt nicht kleiner, aber unsere Möglichkeiten des Umgangs werden größer, wir finden eher Trost, und unsere Hoffnung kann tragend und ansteckend werden.
Das uralt kindliche Sehnsucht nach Geborgenheit und Frieden findet einen erwachsenen, tragfähigen Halt an Gottes Zukunftsversprechen.
Das finde ich ein schönes Ziel. Amen.
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Gruß zum 2. Advent am 08. Dezember 2024
von Pastorin Parra
Ich sehe oft um Mitternacht,
Wenn ich mein Werk getan
Und niemand mehr im Hause wacht,
Die Stern am Himmel an.
Lise kennt ein paar Sternbilder: Den großen Wagen, den Orion, Kassiopeia... Aber da sind noch viel, viel mehr Sterne, manchmal in Haufen, manchmal wie Perlenketten. Ein klares Leuchten von ganz weit her.
Sie gehn da hin und her zerstreut
Als Lämmer auf der Flur;
In Rudeln auch, und aufgereiht
Wie Perlen auf der Schnur
Und funkeln alle weit und breit,
Und funkeln rein und schön;
Ich seh die große Herrlichkeit,
Und kann mich satt nicht sehn…
Je länger Lise auf den Himmel schaut, desto mehr kleine Sterne erkennt sie zwischen denen, die sie am Anfang schon gesehen hat. Es ist, als ob der Himmel immer noch weiter wird. Als ob es sie hoch hinaus ins Offene zieht und alles Enge in diesem Augenblick von ihr abfällt. Ihr Herz wird ganz leicht und frei. All das Schwere und die lauten Gedanken sind nicht weg, aber es ist nun genug Raum für sie da, jeder Gedanke hat seinen Platz und muss sich nicht mehr vordrängeln.
Dann saget unterm Himmelszelt
Mein Herz mir in der Brust:
„Es gibt was Bessers in der Welt
Als all ihr Schmerz und Lust.“
Ich werf mich auf mein Lager hin
Und liege lange wach;
Und suche es in meinem Sinn
Und sehne mich darnach.
Es ist schon spät, als Lise einschläft und ein Stück von der Weite, die sie gespürt hat, mitnimmt in ihre Träume. Vielleicht träumt sie vom Sternhimmel, vielleicht auch in Bildern wie wir sie im Buch Jesaja lesen:
Wo das Land zur Wüste verdorrt war entspringen neue Quellen, plätschern, fließen – genug für alle.
Der Weg ist eben und gerade und niemand irrt umher, weil alle den Irrsinn abgelegt haben, der das Leben so schwer macht. In Frieden gehen sie dort: Mensch und Tier. Kein Schmerz und kein seufzen. Keine Angst und Enge – erlöst.
Lise guckt zur Zimmerdecke als erwarte sie, dass da noch ein paar Sterne übriggeblieben sind. Aber womöglich kam das Leuchten auch aus ihr selbst. Die Weite des Sternenhimmels ist ihr nah gekommen und nicht nur ihr.
Vielleicht kann sie ja heute Abend einmal mit Herrn Kreuzberg und Frau Haffner aus dem Fenster gucken, ob die da auch den einen oder anderen Stern entdecken. Und wenn es bewölkt sein sollte, dann erzählt sie von gestern Abend. Es ist noch viel Sternhimmel in ihr, den sie teilen kann.
Ihre und Eure Pastorin Ute Parra
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Gruß zum 1. Advent 2024 am 01.12.2024
von Pastorin Anke Pfeifer
Liebe Gemeinde,
O komm, o komm du Morgenstern, lass uns dich schauen, unsern Herrn. Vertreib das Dunkel unsrer Nacht durch deines klaren Lichtes Pracht. Freut euch, freut euch der Herr ist nah. Freut euch und singt Halleluja.
O komm, du Sohn aus Davids Stamm, du Friedensbringer Osterlamm, von Schuld und Knechtschaft mach uns frei und von des Bösen Tyrannei. Freut euch, freut euch, der Herr ist nah, freut euch und singt Halleluja.
Liebe Gemeinde, dieses Lied begleitet mich seit vielen Jahren im Advent. Das erste Mal habe ich von diesem Lied nur die Melodie auf einer Posaune gespielt gehört. Und das hat mich wirklich ergriffen. Die Melancholie dieser Melodie, mehr noch die Sehnsucht die darin erklingt, die aber trotzdem auch etwas Gewisses und sogar etwas Hoffnungsfrohes in sich hat. Jedenfalls klingt das so in meinen Ohren.
Und dann der Text dieses uralten Liedes aus der Mitte des 19.Jahrhunderts
So alt und trotzdem hat dieser Text immer noch nichts von seiner Aktualität verloren. Die innige Bitte: Vertreib das Dunkel unsrer Nacht, durch deines klaren lichtes Pracht, von Schuld und Knechtschaft mach uns frei und von des bösen Tyrannei. So viel Dunkel ringsherum ,immer noch und immer wieder. Wer von uns hätte gedacht, dass ein Despot wie Putin noch immer die Menschen in der Ukraine, aber auch russische Soldaten und ihre Angehörigen ins Unglück stürzt. Dass die Terroristen der Hamas, so viele Menschen überfallen, ermorden und verschleppen würden, sodass nun auch die palästinensische Bevölkerung unter Krieg und Zerstörung leidet. Wir wissen es längst, dass es durch Terror und Krieg immer und überall nur Verlierer gibt .Und trotzdem gibt es an vielen Orten immer wieder so viel Unrecht und Unterdrückung und Blutvergießen. So viele Menschen , die ihre Macht und ihren Einfluss missbrauchen und nicht zum Wohl ihrer Mitmenschen einsetzen. Und dabei auch ihre eigene Menschlichkeit verlieren.
In dieser Zeit erleben wir aber auch wieder die Hilflosigkeit und die Ratlosigkeit bei der Frage wie es überhaupt Gelingen könnte den Krieg mit all seinem Grauen und Unheil zu beenden. So viel Dunkel und Schuld , Knechtschaft und böse Tyrannei um uns herum und manchmal auch mitten unter uns.
Ein altes Sprichwort sagt Not lehrt beten. Manchmal besinnen wir Menschen uns tatsächlich besonders auf Gott, wenn wir mit unsrem eigenen Latein, mit unserem menschlichen Können und Machen am Ende sind. Wenn nichts mehr geht und wir keine Lösung haben und auch keinen Ausweg mehr sehen oder erkennen können.
Gut , wenn wir Menschen uns dann an Gott erinnern und wenigstens zaghaft oder auch nur ein bisschen auf Gott hoffen können. Wenn wir das Vertrauen auf Gott wieder entdecken und wiederfinden. Oder erst langsam und allmählich Vertrauen fassen.
Manchmal geschieht so etwas tatsächlich im Hören auf einen Text oder eine kleine Melodie, ein Lied, das uns an Gott erinnert und uns sogar ganz neu an ihn denken und auf ihn hoffen lässt. Das uns klar macht, dass da eben doch noch eine ganz andere und höhere Macht ist, an die wir uns wenden können. Die unser Dunkel erhellen will mit dem Licht ihrer Liebe. Und die uns in dem Kind in der Krippe an Weihnachten entgegen kommt und nah sein will, um uns Jahr um Jahr an die Liebe Gotte zu erinnern und uns auch dadurch neue Hoffnung und Zuversicht zu geben. Das Vertrauen, dass Gott uns auch in der größten Not nicht allein lässt. Das Vertrauen, dass wir von seiner Liebe und Güte umgeben gehalten und getragen sind., was auch immer geschieht. Und dass er will, dass allen Menschen geholfen wird .So wie das der erwachsene Jesus von Nazareth gelehrt und gezeigt hat. Und dass Gott will, dass Menschen in Frieden und Freundschaft und Gerechtigkeit miteinander leben. Daran soll uns das Kind in der Krippe immer wieder erinnern. Freut euch, freut euch der Herr ist nah. Freut euch und singt Halleluja. Ja wirklich, gelobt sie Gott, der uns entgegenkommt und in den Arm nimmt, wie ein guter Vater oder eine liebevolle Mutter, um uns zu trösten und uns zu tragen oder uns gelegentlich auch mal den Kopf zu waschen, damit wir wieder grade rücken, was uns daneben und schief gegangen ist.
Das Kind in der Krippe will uns aber auch dazu bringen, gerade das Kleine und Unscheinbare wertzuschätzen und wichtig zu nehmen. Gott kommt ja nicht mächtig und stark, sondern hilflos und klein in diese Welt, um unsere Herzen zu öffnen, sodass sie in dieser Zeit tatsächlich irgendwie weiter und wärmer werden und wir der Liebe Gottes auch wieder mehr Raum und Zeit in unsrem Leben geben.
Aber auch zu erleben, das diese Liebe dann auch in uns wirkt und weiterwirkt, sodass wir sie eben auch an andere Menschen weitergeben können. Und das muss dann auch gar nicht immer groß oder nach menschlichem Ermessen bedeutend sein. Das kann sogar ganz klein sein, wie ein kleines Lächeln, ein freundliches Wort oder ein verschmitzter Blick, der den Moment und den Tag irgendwie froher und heller macht.
Paulus schreibt: Wer den anderen liebt, der hat das Gesetz, die Gebote, den Willen Gottes erfüllt. Und so fasst Paulus denn auch die Gebote der Nächstenliebe in einem Satz zusammen: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Den anderen , wie dich selber lieben und wertschätzen.
Beides gehört wahrscheinlich zusammen, wenn wir es untereinander und miteinander gut haben wollen. Da geht es nicht um Selbstverleugnung oder Selbstaufgabe, auch nicht darum die eignen Bedürfnisse und Wünsche außer Acht zu lasen. Wir dürfen offen sagen, was uns wichtig ist, was für uns geht und auch nicht geht und dazu stehen. Aber es geht eben auch darum, den anderen, seine Wünsche und Bedürfnisse ganz genauso wahr-und wichtig zu nehmen , manches dann auch so das möglich ist ,zu erfüllen; das Wünschen und Wollen aber auch immer in einen guten Ausgleich zu bringen , um dann gemeinsam einen guten Weg miteinander zu gehen. In dieser Zeit finde ich besonders schön, dass das Wünschen plötzlich wieder wichtig ist. Dass wir die anderen wieder nach ihren Wünschen fragen- selbst wenn dann solche Sachen wie das neuste Computerspiel, eine Playstation oder ein Plüscheinhorn dabei herauskommen. Es ist doch wunderbar, dass wir uns tatsächlich viel Mühe geben anderen Menschen eine Freude zu machen .Und ihnen damit gleichzeitig zu zeigen, wie gern wir sie haben und wie wichtig sie für uns sind. Und manchmal sind es dann ja auch ganz andere Wünsche, die dann nach und nach deutlich werden, wenn wir uns daran machen unseren eigenen Wünschen und den Wünschen unserer Lieben auf die Spur zu kommen. Wenn wir plötzlich merken und darauf aufmerksam werden, was ihm oder ihr wirklich wichtig ist und Freude macht; ein langer Spaziergang am Ostseestrand, ein Abend zu zweit oder auch eine heiße Suppe, Ruhe und Zeit, um mit einem guten Buch auf dem Sofa zu liegen, zusammen zu spielen oder im Garten ein Feuer zu machen, ein gutes Gespräch zu führen, das anregt und inspiriert oder auch nur still und ganz für sich allein eine Kerze zu entzünden. All das mag klein und unscheinbar wirken, aber das ist eben auch Balsam für die Seele. Und wir haben einen Gott, der auch das Kleine und Unscheinbare schätzt und wichtig nimmt. Und der uns auch dadurch die Kraft gibt dann auch die anstrengenden Seiten unserer Mitmenschen, wenn das möglich ist auszuhalten, aber auch Probleme anzugehen und nach Möglichkeit zu lösen. Lieben ist allerdings gar nicht so einfach, erst recht nicht wenn uns unsere Mitmenschen und sogar unsere allerliebsten Menschen manchmal ganz gehörig auf die Nerven gehen. Da kann einem schon mal der Kragen platzen. Und manchmal tut das sogar ganz gut, weil das dann auch die Kraft hat die dicke Luft zu reinigen .Lieben ist bestimmt nicht immer leicht und kann mitunter sogar ganz schön anstrengend sein. Dabei hat Liebe so unendlich viele Facetten und Gesichter, lieben kann bedeuten sich in Geduld zu üben und dann dieselbe Geschichte auch das 100. Mal zu hören oder schon wieder mal auf den anderen zu warten. Lieben kann aber auch bedeuten handfeste Hilfe zu leisten, die alten Eltern zu pflegen und zu betreuen oder der alten Nachbarin die Einkäufe zu machen. Lieben kann bedeuten sogar noch nach einem langen Arbeitstag die Vokabeln abzufragen
Oder eben auch für die Gemeinschaft und die Gemeinde Tische und Stühle zu rücken oder das Essen vorzubereiten. Liebe hat unendlich viele unterschiedliche Gesichter. Und bei dem Satz: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst ist ganz bestimmt die eigene Aufmerksamkeit, Hilfsbereitschaft aber auch Hilfe in Wort und Tat gefragt –so gut wir das eben können.
Liebe Gemeinde, Liebe und auch der Frieden fängt tatsächlich ganz klein, im eigenen Herzen und Haus an. Wo immer sind können wir uns tatsächlich in der Liebe üben. Wir müssen dabei gar nicht alles schaffen und können, aber kleine Schritte sind eben wichtig und auch gefragt. Mit Gottes Hilfe wird es uns dann in der Gemeinschaft der Völker auch gelingen Frieden zu stiften, zu schaffen und in die Welt zu bringen. Und wir können Gott immer wieder und auch alle miteinander darum bitten.
O komm, o komm du heller Morgenstern, lass dich schauen, unsern Herrn, Vertreib das Dunkel unsrer Nacht durch deines klaren Lichtes Pracht, Von Schuld und Knechtschaft mach uns frei und von des Bösen Tyrannei.
Und vielleicht können wir dann auch jetzt und hier oder zumindest irgendwann auch mit einstimmen in das freudige Lob unseres Gottes: Freut euch, freut euch, der Herr ist nah. Freut euch und singt Halleluja.
Amen
P.S. Hier steht der Gruß zum Sonntag als PDF zum Download bereit!