Ev.-luth. Kirchengemeinde Preetz

Sie sind hier: Startseite > Gruß zum Sonntag -

Gruß zum Sonntag -

Gruß zum 4. Sonntag nach Trinitatis am 13.07.2025
von Pastorin Parra

 
 

Liebe Gemeinde,

bevor Sie weiterlesen möchte ich Sie einladen, sich einen Stein zu suchen und in die Hand zu nehmen. Vielleicht haben Sie einen im Zimmer, den Sie mal am Strand gefunden haben. Oder Sie finden einen im Garten oder Park.

Nehmen Sie den Stein einmal auf die flache Hand. Spüren Sie das Gewicht. Egal wie klein oder groß der Stein ist, da muss man gegenhalten. Fest muss die Hand sein, der Arm. Nicht einfach dem Gewicht nachgeben. Es ist eine Last, die getragen werden will.

Geben Sie dann der Last ein Stück nach. Halten Sie den Stein auf dem Schoß in den Händen während Sie weiterlesen. Immer noch ist er zu spüren. Immer noch will er getragen werden.

Lasten gibt es in jedem Leben. Ganz individuelle Lasten: Einsamkeit und Krankheit, Schuldgefühle, Versagensängste. Aber auch Dinge, die viele von uns im Moment belasten: Die Angst vor den Folgen des Klimawandels, vor den Kriegen, die diese Welt erschüttern, vor Atomwaffen, vor Despoten, die ganze Völker zum Spielball ihrer Machtgier machen, davor, dass Wohlstand und Freiheit in diesem Land verloren gehen könnten.

Manche dieser Ängste liegen uns Menschen im Magen als hätten wir so einen Stein verschluckt. Sie lassen sich nicht verdauen. Sie machen unser Herz hart, aus Angst, es könnte der Last sonst nicht standhalten. Sie machen den Blick eng aus Angst, wir könnten uns verlieren unter dem Druck der vielfältigen Bedrohungen.

Dann kommt es oft vor, dass wir die Schuld bei den anderen suchen. Dass wir schwarz-weiß malen und unsere Seite ist natürlich die gute. Dass jedes Mittel recht zu sein scheint, die Bedrohung auszuschalten. Wir erleben in vielen europäischen Staaten eine Radikalisierung in der Politik. Besonders rechtsextreme Parteien scheinen einen Nerv zu treffen. Sie nutzen die Ängste der Menschen und suggerieren eine einfache Lösung: Die anderen sind schuld, das Fremde. Wenn wir uns noch mehr abschotten, den Blick noch enger machen, noch weniger Vielfalt zulassen, dann sind wir sicher. Sonst müssen wir auch noch ihre Lasten mittragen.

Jesus sagt

Was siehst du den Splitter in deines Bruders Auge, aber den Balken im eigenen Auge nimmst du nicht wahr? Wie kannst du sagen zu deinem Bruder: Halt still, Bruder, ich will dir den Splitter aus deinem Auge ziehen, und du siehst selbst nicht den Balken in deinem Auge?“ (Lk 6,41ff)

Das Bild leuchtet unmittelbar ein: Wenn mein Blick eng ist, wie kann ich dann über andere urteilen, die ich doch gar nicht wirklich sehe. Erst muss ich meinen Blick weiten, mich trauen wirklich hinzusehen. Eine Blinde kann niemandem den Weg weisen.

Hinsehen, sich öffnen, anderen zuhören und bereit sein, ihre Lasten mit zu tragen – das scheint zunächst gefährlich. Es könnte uns mit in den Abgrund reißen, fürchten wir. Da ist doch schon unser eigenes Päckchen, das wir zu tragen haben, der Stein, der uns unverdaut im Magen liegt.

In der Psychoanalyse gibt es den Begriff „Containment“. Das bedeutet in etwa: Sich öffnen für das, was dem anderen unverdaut wie ein Stein im Magen liegt. Es aufnehmen, mittragen und so verwandeln.

Die Gruppe „Wir sind Helden“ singt:

„Gib mir das, ich kann es halten.
Wenn du's später noch willst, kriegst du es wieder. Dann ist alles beim Alten.“

Wir müssen nicht alleine unsere Lasten tragen. Da sind andere, die zum Container für all das Schwere in uns werden, es im Gespräch mit uns verdauen helfen oder auch ganz körperlich und materiell mit anpacken, stützen. Und wir können anderen zu solchen Menschen werden. Woher wir die Kraft nehmen? Jesus sagt:

„Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.“ (Lk 6,36)

Öffnet euer Herz für die Lasten der anderen. Keine Angst, sie werden euch nicht erdrücken. Gott euer hat auch ein weiches, offenes Herz. Er hört alle eure Sorgen. Er sorgt für euch. Er trägt mit euch, nicht irgendwo weit weg, sondern ganz nah. Er trägt euch.

Ich denke an das Kreuz, das Jesus zu tragen hatte und an Simon von Kyrene, der es ein Stück Wegs für ihn trug. Ich denke auch an das, was täglich schon geschieht hier in Preetz: Beispielsweise an die Preetzer Tafel, den Hospizverein, die Flüchtlingshilfe, die Streetworker, unseren Geburtstags-besuchsdienst, ehrenamtliche Seelsorge in Krankenhaus und Seniorenheimen…aber auch an politisches Engagement, die Bereitschaft, mit Menschen, die mit dem rechten Rand sympathisieren, ins Gespräch zu kommen.

Es ist gut, wenn wir bereit sind, für andere Lasten zu tragen. Es ist aber auch gut, dass da Menschen sind, die zu uns sagen: „Gib mir das – ich kann es halten.“ Es ist gut, wenn wir das dann annehmen können. Wenn wir nicht meinen, wir müssten nur immer für andere da sein, sondern uns auch selbst einmal Gutes tun lassen können. Wenn wir nicht gleich Angst haben, die Schwäche könnte ausgenutzt werden oder den Verdacht hegen, da möchte sich jemand in unser Leben einmischen und es besser wissen.

Verstehen Sie bitte auch meine Worte jetzt nicht als so einen Einmischungsversuch. All das sage ich als eine, die auch manchmal Balken im Auge und Lasten zu tragen hat. Auch gerade jetzt. Als eine, die darauf angewiesen ist, dass wir Lasten miteinander tragen und das manchmal vergisst. Wie gut, dass im Brief des Paulus an die Galater zu lesen:

Einer trage die Last des anderen, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen. (Gal 6,2)

Wenn Sie jetzt so auf den Stein in Ihrer Hand sehen: Was sind die Lasten, die Sie teilen möchten? Mit wem?

Ihre und Eure Pastorin Ute Parra

 

P.S. Hier steht der Gruß zum Sonntag als PDF zum Download bereit!

 

 


Grußwort-Archiv


TagesLosungen

Dienstag, 15. Juli 2025:

Salomo sprach: Siehe, der Himmel und aller Himmel Himmel können dich nicht fassen - wie sollte es dann dies Haus tun, das ich gebaut habe?
1.Könige 8,27

Die Stunde kommt, und sie ist jetzt da, in der die wahren Beter in Geist und Wahrheit zum Vater beten werden.
Johannes 4,23
nach oben