Ev.-luth. Kirchengemeinde Preetz

Sie sind hier: Startseite > Gruß zum Sonntag -

Gruß zum Sonntag -

 

Gruß zum 22. Sonntag nach Trinitatis am 27. Oktober 2024
von Pastorin Anke Pfeifer

 

Liebe Gemeinde,

"Womit soll ich mich dem Herren nahen?"

So fragt der Prophet Micha in dem Predigttext, den wir vorhin gehört haben. Womit soll ich mich dem Herrn nahen? So fragten wohl auch die Israeliten in der damaligen Zeit. Verzweifelt, vertrieben aus ihrer Heimat, von Haus und Hof, fern allem Vertrauten, irgendwo in der Fremde, heimatlos im Exil. Wie auch in heutiger Zeit so viele. Damals war in    Jerusalem alles, auch das Allerheiligste vernichtet. Menschen am Boden zerstört. Scheinbar alles aus, scheinbar selbst verschuldet alle am Ende. Womit kann, womit soll ich mich Gott überhaupt noch nähern? Oder wir können die Frage auch so formulieren, was kann, was muss ich tun, um von   Gott akzeptiert, anerkannt, angenommen zu werden und geliebt zu sein. Und die Israeliten fragten sich weiter: Wird der Herr Gefallen haben an viel tausend Widdern, an unzähligen Strömen von Öl? Oder soll ich sogar wie einst beinahe Jakob meinen Erstgeborenen für meine Übertretungen hingeben, meines Leibes Frucht für meine Sünde? Oje!

Wer so denkt, liebe Gemeinde, der muss tatsächlich ein rabenschwarzes Gewissen haben, der will Abbitte leisten. Der ist bereit vieles zu tun und zu geben um Gott zu besänftigen und wohl zu stimmen.

Der meint hammerharte Opfer bringen zu müssen, um bei Gott wieder wohl gelitten zu sein. Um bei ihm Gnade und Erbarmen zu finden.         

Mich erinnert das an die drängende Frage, die den jungen Luther umgetrieben und beinah zerrissen hat. Wie bekomme ich einen gnädigen Gott? Er ging ins Kloster, nahm viele Entbehrungen auf sich und tat, was immer ihm möglich war. Und trotzdem blieb diese innere Unruhe und sogar die Verzweiflung, vor Gott ganz und gar nicht bestehen zu können. Keine Gnade zu finden.

In dem Lutherfilm, der vor einigen Jahren in den Kinos lief und der auch im Fernsehen seither etliche Male wiederholt worden ist, wurde das eindrucksvoll dargestellt und herausgearbeitet. Da sahen wir Luther in seiner Mönchszelle, wie er völlig verzweifelt mit seinem Gott und um Gnade gerungen und ihn angefleht hat. In einer anderen Szene sah man ihn in den Klostergängen von Erfurt den Boden schrubben. Der Boden glänzt, aber auch dieser Kraftakt zur Buße lässt Luther nicht ruhiger werden. Die innere Unruhe bleibt: „Der Boden glänzt, aber meine Seele ist immer noch finster.“ Der gut gemeinte Rat seines Beichtvaters: Geh nicht zu hart mit dir ins Gericht,“ kann ihn nicht erreichen.

 Bis heute bewegen gerade die ernsthaftesten und gewissenhaftesten Christen ganz ähnliche Fragen. Was muss ich tun, um Gott zu gefallen, um von Gott geliebt und akzeptiert zu sein. Bei anderen ist diese auf Gott bezogene Frage längst säkularisiert, verweltlicht worden und wird heute meistens anders gestellt. Was kann ich tun, was muss ich tun, um von anderen Menschen beachtet, anerkannt, akzeptiert und geliebt zu sein.

Menschen strengen sich an und bringen auch   der heutigen Leistungs- und Spaßgesellschaft vielerlei Opfer. Viele sind getrieben von gesellschaftlich weithin anerkannten Zielen. Immer mehr und mehr haben, immer schöner und fitter, selbst im Alter noch jugendlich fit zu sein. Falten Dank der modernen Kosmetik wegretuschieren oder zur Not wegoperieren. Heute tatsächlich ein immer weiter expandierender Markt.

 Andere streben danach angespornt durch unser Wirtschaftssystem immer noch größer oder einflussreicher oder noch mächtiger zu werden. In diesen unruhigen Zeiten erleben wir wieder wohin Machtgier und Größenwahn auf politischer Ebene führen kann, wenn machtgierige Machthaber andere Völker überfallen und mit Krieg überziehen und es dadurch tatsächlich immer nur Leid, Not und Tod, und unzählige Opfer   auf allen Seiten gibt.

Aber das immer noch größer und höher hinaus, gibt es ja auch in andrer Hinsicht, im Berufsleben und sogar im ganz privaten Bereich. Sogar in der Freizeit. Ein Gerenne und Gehetze immer noch anderen, größeren und schöneren Events hinterher. Und dann trotz alledem irgendwann das Gefühl der inneren Leere, fix und fertig, vollkommen ausgebrannt zu sein, Burn Out. Die Bibel nennt das schlicht Schaden zu nehmen oder schon längst genommen zu haben an unserer Seele.    

Selbst in unserer Kirche sind wir nicht frei von diesem Druck, und wünschen uns immer noch schönere, größere, in jedem Fall besser besuchte Gottesdienste und tun auch viel dafür. Und sind dabei viele Highlights und kirchliche Events zu planen und durchzuführen. Soviel gutes und tolles Engagement, um das Evangelium unter die Leute und in die Welt zu bringen. Soviel Einsatz und Tatkraft für andere Menschen zu sorgen und sich zu kümmern, um hilfreich und gut und für andere Menschen da zu sein.

Wie gut und wie wunderbar, dass es so ist! Aber manchmal denke ich auch, wie gefährlich. Und mache mir Sorgen um manche und manchen, weil ich das Gefühl habe, dass es manches Mal auch des Guten genug ist und für den einen oder die andere auch zu viel werden könnte.

Denn manchmal übersteigt das persönliche Engagement vieler ehrenamtlicher Mitarbeiter-und Mitarbeiterinnen eben doch auf Dauer die eigenen Möglichkeiten und die eigene Kraft. Wird das, was wir einst mit Liebe und Lust gemacht haben zur Anstrengung, Überforderung und Last. Aber auch die Erwartungen, die wir an andere   haben, sie mögen sich doch genauso stark   einsetzen und engagieren, wie wir das tun oder uns wünschen, werden enttäuscht. Ganz sicher auch weil wir viel zu oft viel zu hohe oder auch   falsche Erwartungen haben. Auch an andere, die das dann aus den unterschiedlichsten Gründen gar nicht erfüllen können oder auch nicht erfüllen wollen. Aus der Lust wird dann Frust. Die Frage, die unser Predigttext dabei auch an uns stellt ist aber auch: Kann Gott das wollen? Ist das der richtige Weg? Immer mehr, immer größere, sogar persönliche Opfer zu bringen? Wofür? Um Gottes Willen zu erfüllen oder ihn gnädig zu stimmen?    

Die Antwort unseres Predigttextes, die Antwort Michas verblüfft. Es geht nicht um immer mehr und immer größer, um immer beeindruckendere Events, immer höheren Einsatz und hochgesteckte Ziele. Schon gar nicht um Opfer. Auch nicht darum sich selbst aufzuopfern Kurz und knackig sagt Micha: „Es ist dir gesagt Mensch, was gut ist.“

Bevor du dir Stress machst, bevor du dich aufopferst, ist dir schon längst gesagt, Mensch was gut ist.

 Gott hat dir das längst   in die Wiege gelegt, im Zeugnis des ersten und alten Testaments nahegebracht und in seinem Sohn Jesus Christus eindeutig klar gemacht und bestätigt. Du brauchst gar nichts tun, und musst auch nichts    machen, damit Gott dich annimmt und liebt. Gott liebt dich umsonst. Einfach so, wie eine liebevolle Mutter, der beim Anblick ihres neugeborenen Kindes das Herz überquillt. Wie ein Vater, dem das Herz beim Anblick seines lachenden Kindes vor Freude hüpft. Oder seinem verlorenen Sohn mit offenem Armen und weitem Herzen entgegenrennt. Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist. Gott liebt dich, einfach so. Du musst und du kannst auch nichts dafür machen.  Gott liebt dich von sich aus. Weil er selbst das so will und dir das christlich gesprochen, bei deiner Taufe sogar persönlich versprochen und zugesagt ist.

Der Prophet Micha konzentriert den Blick seiner Hörer auf dieses unmittelbare Gegenüber. Als Mensch gehörst du zu Gott. Als sein Geschöpf, als sein gegenüber. Schon wenn wir geboren werden und uns das Leben geschenkt wird, sind wir   geliebt, will Gott uns so liebt wie wir sind.  

 Gottes Liebe, Gottes Gnade, Gottes Barmherzigkeit ist schon längst da und die und uns allen gewiss. Und die Kirche ist mit all ihren Gottesdiensten und allem, was sie sonst noch tut, dazu da, dich daran zu erinnern, wes Geistes Kinder wir als Menschen sind.

Als Luther das begriffen hatte, ging es ihm besser. Und er begann die Bibel mit ganz anderen Augen, mit den Augen der neuen Freiheit eines Christenmenschen zu lesen. „Es ist dir gesagt Mensch, was gut ist.“ Das Gute, das Evangelium, dass Gott dich haben und nicht ohne dich sein will und dich schon immer geliebt hat, ist dir schon längst zugesagt.

 Aber es ist dir auch gesagt, was Gott von dir will und was er sich von dir wünscht. Das, was gute Eltern sich eben auch von und für ihre Kinder wünschen. Dass sie auf einem guten Weg sind, dass sie Wege einschlagen, die für sie persönlich und auch für andere Menschen gut und richtig sind. Dass sie nicht auf Abwegen sind oder sogar in Abgründe geraten. Dass sie selber liebevolle und gerade Menschen sind. Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was Gott von dir fordert.    Was er bei dir sucht, wie es wörtlich heißt. Gott sucht nichts anderes   als das, was er dir selbst mitgegeben hat, auf dem Weg und für deinen Weg in ein gutes, gelingendes Leben.

Aber du sollst auch Gottes Wort hören und halten. Dich   auf Gott   besinnen, sein Wort hören und überdenken und dich dann fragen, was Gott von dir will. Man kann das auch so sagen: Was würde Jesus zu dem, was ich mache und denke sagen. Was würde er an meiner Stelle sagen und tun. Es ist gut, wenn wir uns diese Frage stellen und nach Antworten suchen und das dann auch tun.

 Der Prophet Micha erinnert uns aber auch daran, uns selbst, unsere eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten nicht zu überschätzen. Sondern uns selbst nüchtern und realistisch einzuschätzen, die eigenen Grenzen zu erkennen und zu benennen. Um dann   angesichts der eigenen menschlichen Grenzen und der persönlichen Begrenztheit   demütig zu sein, Demütig nicht gegenüber anderen Menschen und Meinungen, sondern demütig allein gegenüber Gott. Der immer höher und größer, immer liebevoller und großherziger ist, als Menschen sich denken und vorstellen können.

Es geht also auch Micha darum, sich im Gegenüber zu Gott der eigenen menschlichen Grenzen bewusst zu werden. Zu merken, dass unsere menschlichen Fähigkeiten immer begrenzt und endlich sind. Auch wenn es uns Gott sei Dank immer wieder gelingt sogar über unsere eignen Grenzen hinauszuwachsen. Aber in aller Begrenztheit, mit unseren vergeblichen Bemühungen, Fehlern und Schwächen sind wir   schon immer unendlich und bis in alle Ewigkeit hinein geliebt von unserem Gott.  

Aber wir sind dann auch dazu gerufen sind, diese Liebe dann auch immer wieder, so gut wir das eben können zu leben und weiterzugeben. Und einander dann auch, so gut das eben geht, mit liebevollen Augen betrachten und dann   die Not und die Bedürfnisse anderer Menschen wahrzunehmen, darauf zu achten und einzugehen. Und dann eben auch für andere Menschen da zu sein so gut das eben geht und so viel uns möglich ist, Gutes zu tun und   zu bewirken.   

Was das dann im Einzelnen bedeutet hängt von der jeweiligen Zeit, Umgebung und Situation ab. Und so kommt es darauf an mit wachsamen Augen, offenen Ohren und weitem Herzen durchs Leben, durch die Straßen und Häuser zu gehen. Wachsam zu sein, sich anrühren und bewegen zu lassen und dann auch zu tun, was erforderlich oder zumindest was uns möglich ist. Bei uns zu Hause, in der Familie oder im Freundeskreis, in der Nachbarschaft, in der Schule und in den Betrieben genauso, wie in unserer Kirchengemeinde.  

Und Gott sei Dank sind wir, wenn es darum geht, anderen Menschen zu helfen und für sie da zu sein ja auch nicht allein sondern in die Gemeinschaft mit anderen Menschen hineingestellt. Wo jede und jeder einzelne seine ganz eigenen Fähigkeiten und Kräfte hat und dazu beitragen kann dann auch miteinander und in einem Netzwerk hilfreich und nützlich zu sein.   

Gott sei Dank, ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was Gott von dir fordert. Nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott. Möge uns das allen dann auch gemeinsam immer wieder gelingen.

Amen


P.S. Hier steht der Gruß zum Sonntag als PDF zum Download bereit! 


Grußwort-Archiv


TagesLosungen

Samstag, 2. November 2024:

Der HERR wird einem jeden seine Gerechtigkeit und Treue vergelten.
1.Samuel 26,23

Paulus schreibt: Richtet nicht vor der Zeit, bis der Herr kommt, der auch ans Licht bringen wird, was im Finstern verborgen ist, und das Trachten der Herzen offenbar machen wird. Dann wird auch einem jeden von Gott Lob zuteilwerden.
1.Korinther 4,5
nach oben