Gruß zum Sonntag

 

Gruß zum Sonntag Lätare am 24. März 2024
von Pastorin Pfeifer

Liebe Gemeinde,

heute ist Palmarum, auch Palmsonntag genannt. Der Sonntag, an dem wir uns in der Kirche traditionell an den Einzug Jesu in Jerusalem erinnern.

An den tosenden Jubel Hosianna, mit dem Jesus in Jerusalem empfangen wurde, bevor sich das drohende Unheil immer mehr über ihm zusammenzog und sie dann bald genauso enthusiastisch das: Kreuziget ihn schrien.

Und so wird die kommende Woche in unserer Kirche auch geprägt sein von der Erinnerung an den Leidensweg Jesu Christi, der dann an Karfreitag seinen traurigen Abschluss findet.

Unsere Erinnerung ist geprägt durch die Überlieferungen, wie sie uns in den Evangelien überliefert sind.

Vor allem die ersten drei Evangelien, Matthäus, Markus und Lukas beschreiben den Leidensweg Jesu eindringlich und bedrückend. So viel Verrat, Verleugnung und Einsamkeit, soviel Leiden und Schmerz, dass es einem bis heute unter die Haut geht und bedrückt, allein schon beim Hören.

Nur bei Johannes, im 4. Evangelium hört sich das ganze irgendwie anders an. Wirkt Leiden, Sterben und der Tod Jesu Christi weniger bedrückend, sogar irgendwie entrückt und ist von allen menschlichen Erfahrungen seltsam abgehoben.

Eingebettet, durchdacht und durchdrungen von der ganz besonderen und spezifischen Theologie des Johannes. Für Johannes ist im Blick auf den Tod Jesu Christi seine Teilhabe am menschlichen Elend und Leid gar nicht so wichtig. Für ihn ist der Tod Jesu Christi viel eher die Erhöhung des Christus, der am Ende seines irdischen Weges wieder zurück kehrt an den Ort, den er vor aller Zeit und vor seiner Geburt schon innegehabt hat und an den er gehört. Und den er nun an der Seite Gottes, seines himmlischen Vaters, wieder einnimmt, nachdem er seinen Auftrag in dieser Welt erfüllt hat.

Aber hören Sie selbst noch einmal einen Auszug, wie das im Evangelium des Johannes klingt. Was Jesus Christus da in den Abschiedsreden im sogenannten hohepriesterlichen Gebet im 17. Kapitel des Johannesevangeliums sagt.

Jesus hob seine Augen auf zum Himmel und sprach:

Vater, die Stunde ist da: Verherrliche deinen Sohn, damit der Sohn dich verherrliche…

Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Sie waren dein, und du hast sie mir gegeben, und sie haben dein Wort bewahrt.

Nun wissen sie, dass alles, was du mir gegeben hast, von dir kommt.

Denn die Worte, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben, und sie haben sie angenommen und wahrhaftig erkannt, dass ich von dir ausgegangen bin, und sie glauben, dass du mich gesandt hast.

Liebe Gemeinde, ich gebe es zu, ich tu mich nicht leicht mit diesen Worten, die Johannes als Worte Jesu überliefert.

Mir ist das zu abgehoben und die Worte, die Jesus im Garten Gethsemane sagt, wie sie die drei anderen Evangelien überliefern, liegen mir näher: Vater ist´s möglich so lass diesen Kelch an mir vorübergehen. Jesu tiefe Menschlichkeit, seine Angst, sein Zittern und Zagen vor seinem Tod liegen mir näher und tun mir auch irgendwie gut. Vielleicht auch, weil ich mich dann mit meiner Angst vor dem Tod nicht so alleine fühle. Es tut mir gut diese Angst auch bei Jesus Christus zu entdecken, weil ich mich dann auch viel eher mit ihm identifizieren kann. Mit dem Menschen, der als Mensch gestorben ist, dann aber auch als Mensch an Ostern wieder auferweckt worden ist zu neuem Leben. Das macht mit Mut und lässt mich hoffen, dass Gott es mit mir und für mich auch eines Tages so machen wird.

Aber um diese Hoffnung geht es in unserem Predigttext auch nicht.

Dem Evangelisten Johannes liegt vielmehr daran die göttliche Seite in Jesus Christus zu betonen. So wie wir es am Anfang des Johannesevangeliums hören: Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns.

Und nun, mit diesem Tod kehrt dieses Wort wieder zum Vater zurück und wird erhöht an den Ort an den es gehört, von dem es zu uns gekommen ist.

Dem Evangelisten Johannes liegt daran, seiner Gemeinde zu zeigen, dass Gott, der Unendliche, selbst in die Endlichkeit dieser Welt und unseres Seins gekommen ist und sich ihr unterworfen hat, um die Menschen zu sich zu ziehen und ihnen seine Liebe zu zeigen. Und sie zum Glauben an Gott, wie er sich in Jesus Christus gezeigt hat, zu bringen. So, wie das Christus in unsrem Predigttext sagt: Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart… nun wissen sie, dass alles, was du mir gegeben hast von dir kommt. Denn die Worte, die du mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben.

An anderer Stelle hat Johannes das so gesagt: Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben nicht verloren gehen sondern das ewige Leben haben.

Dass Jesus Christus da war und in dieser Welt gelebt, gehandelt, gepredigt und gewirkt hat, gründet also ganz und gar in der unbegründeten, und schier unergründbaren Liebe Gottes. Der die Menschen in dieser Welt liebt, der uns, dich und mich liebt und der seinen Sohn deshalb gesandt hat, damit wir das glauben und damit wir uns darauf verlassen können. Damit wir gewiss sind, woher wir kommen und wohin wir nach diesem Leben wieder gehen, damit wir erfahren, wozu wir gesandt sind und wofür wir hier leben. Und was unsere persönliche Lebensaufgabe ist: An Gott zu glauben und auf Gott zu vertrauen und in unserer ganz persönlichen Weise in der Nachfolge Jesu zu leben, damit wir nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben.

 In unsrem Predigttext hören wir, dass Jesus diesen Auftrag erfüllt hat. Wenn er sagt:

Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart. Sie haben dein Wort bewart. Nun wissen sie, dass alles, was du mir gegeben hast, von dir kommt. Denn die Worte, die du mir gegeben hast, haben sie angenommen und wahrhaftig erkannt, dass ich von dir ausgegangen bin.
Sie glauben, dass du mich gesandt hast.

Liebe Gemeinde, Jesus hat seinen Auftrag in dieser Welt ganz sicher erfüllt. Die frohe Botschaft von der Liebe Gottes verkörpert und verkündigt. Und uns den Zuspruch und Anspruch Gottes auf unser ganzes Leben nahegebracht.

 Aber das, was Johannes hier Jesus sagen lässt scheint mir dann doch etwas vollmundig. Und ich Zweifel ein bisschen, ob wir Christen die Worte Jesu tatsächlich so angenommen haben, wie Jesus das bei Johannes sagt. Ob wir unseres Glaubens tatsächlich so sicher und felsenfest sind, wie das nach unserem Predigttext den Anschein hat.

Mir geht es da viel eher wie Petrus, dem Jünger Jesu, der sich seines Glaubens einerseits sicher, dann aber auch wieder ganz unsicher war. Der selbst zu Jesus gesagt hat: Ich glaube, Herr hilf meinem Unglauben. Und der aufgrund seines eigenen Kleinglaubens auch schon mal nahe daran war unterzugehen. Wenn Jesus nicht an ihm festgehalten und ihn gerettet hätte. Glaube und Zweifel gehören wahrscheinlich meistens

zusammen und sind aus dem Leben auch der gewissenhaftesten und ernsthaftesten Christen kaum wegzudenken.

Aber vielleicht ist ja auch schon dieser zaghafte und immer wieder zweifelnde Glaube für Gott genug. Vielleicht reicht es ja aus, daran festzuhalten und darauf zu hoffen, dass Gott sich mir selbst nahebringt, wenn ich auf das, was Jesus gesagt und getan hat, höre. Vielleicht reicht schon die Hoffnung, dass Gott mir in der Person Jesus Christus begegnet. Weil Gott sich dann selbst seinen Weg in mein Herz in mein Denken und Fühlen bahnt.

Dass ich darauf hoffen darf, dass Gott mich auch mit meinem ganzen Zaudern und Zweifeln gernhat und annimmt, und mich so nimmt, wie ich bin.

Unser Predigttext scheint allerdings von etwas anderem auszugehen. Da geht es nicht um Glauben und Zweifel, die in einer Person miteinander ringen und streiten.

Er scheint vielmehr davon auszugehen, dass es die einen und die anderen, diejenigen die glauben und diejenigen die nicht glauben gibt.

Diejenigen, die in Jesus den Christus, die Verkörperung der Liebe Gottes erkennen. Und diejenigen, die in ihm nichts anderes als den Menschen Jesus von Nazareth sehen. Jesus nichts weiter als ein Mensch unter Menschen.

Vielleicht versucht er Evangelist Johannes hier die offene Frage zu klären: Warum manche Menschen glauben und andere nicht. Warum manche Menschen von der Liebe Gottes in Jesus Christus überzeugt sind, während andere sich davon kaum oder gar nicht ansprechen und berühren lassen.

Im Johannesevangelium scheint es so, als wolle Jesus diese ganz unterschiedlichen Reaktionen erklären.

Indem er sagt, dass Gott selbst ihm manche Menschen gegeben und zugeführt hat. Sie waren dein und du hast sie mir gegeben. Sie glauben nun, dass du mich gesandt hast. In letzter Konsequenz ist es also Gott selbst, der den Glauben wirkt und die Menschen bewegt an Christus glauben zu ihm zu kommen. Gott bewirkt also selbst, dass die einen Glauben andere dann aber eben auch nicht.

In unsrem Predigttext wirkt es beinahe so, als sei das alles schon von Gott festgelegt und bestimmt.

Viele Jahrhunderte hindurch haben sich Theologen mit dieser Vorstellung einer Vorherbestimmung der Menschen beschäftigt und sich damit herumgeschlagen.

Mich überzeugt diese Vorstellung nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Gott in seiner schier unerschöpflichen Liebe einige Menschen bevorzugt und andere schlicht übergeht. Das kann ich mit dem, was Christus gezeigt und gelehrt hat, nicht in Einklang bringen. Aber Gott hat den Menschen auch mit der Freiheit begabt, gewollt und geschaffen sich von ihm ab oder zu ihm hinzuwenden. Gott selbst wünscht und will unsere freiwillige Aufmerksamkeit, Hinwendung und Liebe.

 Und wünscht sich Menschen die an ihn glauben und ihm vertrauen. Darum sandte er seinen Sohn in die Welt, damit wir bis heute von Gott und seiner Liebe erfahren und hören, damit wir dadurch berührt und dazu bewegt werden an ihn zu glauben und ihm zu vertrauen.

Möge Gott uns allen, liebe Gemeinde, diese Hoffnung und dieses Vertrauen geben. Und möge diese Zuversicht uns begleiten, wenn wir mit dem heutigen Palmsonntag in die Karwoche gehen.

Amen


 

P.S. Hier steht der Gruß zum Sonntag als PDF zum Download bereit!


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